Als meine Großmutter 1952 einen monströsen Schwarzweißfernseher anschaffte, wurde sie zur Sensation des Städtchens. Die Nachbarschaft kam und bestaunte die sündhaft teure Flimmerkiste, von der es seinerzeit gerade mal 4.000 Stück in Deutschland gab. Zu festgelegten Zeiten meldete sich Studio Hamburg und schickte bewegte Bilder in die Wohnstuben. Der Siegeszug eines Massenmediums begann, und meine Oma trug die Fahne voran. Heute würden wir die Gute wohl einen »Early Adopter« nennen und sie damit als Menschen bezeichnen, der technisch die Nase weit vorn hat. HIER geht es weiter →
Vom 9. – 7. Juni fand in Köln das 3. Barcamp statt. Fotos © W. R. Frieling
Twittern, bis der Arzt kommt
Ein Besuch beim Barcamp Köln
Auf einer großen Leinwand lese ich eine Nachricht, die über Twitter online ins Netz gestellt wurde: »Endlich lerne ich @Prinz_Rupi mal persönlich kennen – in der Twitter-Session in Raum 3 beim #bcc3« Prinz Rupi ist mein Nickname im Web und bcc3 steht für BarcampCologne, das bereits zum dritten Mal stattfindet. Der Autor dieser freundlichen Botschaft, ein Herr Sichelputzer, sitzt direkt neben mir. Ich kannte Sichelputzer bislang nur virtuell aus seinen Blogbeiträgen und Tweets. Statt mich jedoch per Handschlag zu begrüßen, wie es unsere Vorväter zu tun pflegten, begrüßt er mich virtuell. Ich antworte ihm auf eben diese Weise und twittere ein Dankeschön in den virtuellen Raum. Hi, Sichelputzer, willkommen im Barcamp!
Andere Teilnehmer der Veranstaltung begrüßen sich, indem sie einen kleinen Plastikknochen aneinander reiben. Das Teil nennt sich Poken und überträgt bei Berührung eine elektronische Visitenkarte, um anschließend freundlich grün blinkend die erfolgreiche Übertragung anzuzeigen. An jeder Ecke wird auf diese geheimnisvolle Weise leidenschaftlich geknutscht. So lernen sich die Leute schnell und nachhaltig kennen. Sie können später auf ihren Webseiten die Daten abgleichen und genauer schauen, wen sie eben getroffen haben. Poken ist eine noch derart exklusiv verbreitete Form der Kontaktaufnahme, dass erst 1.500 Deutsche es kennen und nutzen. Auf dem Barcamp sind mindestens zehn Prozent der User zu finden, denn jeder Zweite trägt einen Poken am Halsband.
In verschiedenen Räumen finden Sessions statt. Dies sind spontan anberaumte dreißigminütige Vorträge und Präsentationen zu den verschiedensten Themen des World Wide Web. Es geht um Applikationen für das iPhone von apple, mit dem hier nahezu jeder Teilnehmer hantiert. Es geht um Programmiersprachen, um das Beseitigen störender Haare bei der Bildbearbeitung mit PhotoShop und um das Twittern im Beruf. SecondLife ist ebenso vertreten wie die Themen Zeitmanagement, alternative Lebensformen und die Frage, wann das Internet stirbt. Zur allgemeinen Erheiterung wird nachmittags Powerpoint-Karaoke aufgeführt. Dabei stellen sich Mutige zur Verfügung, um den Showroom zu erheitern, indem sie aus dem Stehgreif zu einer ihnen unbekannten Präsentation möglichst originell vortragen müssen. Beim Barcamp geschieht, was die Teilnehmer selbst anbieten und hören wollen.
Bei jedem Vortrag sitzen Nerds vor ihren aufgeklappten Laptops und tippen wild hinein. Es wirkt, als machten sie alles andere, als dem jeweiligen Referenten zuzuhören. Der lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, denn tatsächlich saugen die Camper Wissen und verbreiten die Informationen im Netz. Und genau darin liegt ein Sinn des Barcamps: Wissen kostenfrei abzugeben und zu verbreiten.
»Wir arbeiten für das Internet« steht auf dem schwarzen T-Shirt von Franz Patzig, einem der Organisatoren des Camps. Seine Losung ist Programm. 250 Internet-Enthusiasten sind der öffentlichen Einladung gefolgt und haben sich zu einem festen Zeitpunkt für den Event angemeldet. Das Interesse ist enorm, und jede Werbung überflüssig. Innerhalb von knapp 15 Minuten war die Veranstaltung komplett ausgebucht. Wenige Augenblicke später drängelten sich bereits 200 weitere Interessenten auf der Liste, die noch auf einen freien Platz hofften.
Meine Session hat ein ebenso spezielles Thema wie das der anderen Teilnehmer. Mein Fachgebiet ist das digitale Publizieren, das mit den Stichworten Printing-on-demand, Book-on-demand und E-Book beschrieben werden kann. Um den Beamer zu bedienen, fehlt mir ein Stecker. Mein MacBook Pro ist »zu modern« für das Windows-orientierte Netz der gastgebenden Firma QSC. Was tun? Ich setze per Twitter einen Tweet ab und rufe um Hilfe. Mittels des für die Veranstaltung reservierten Hashtags »bcc3« lesen es die anderen auf Twitter. Es dauert keine zehn Minuten und »QSC-Evangelist« Andreas Schmidt drückt mir aus seinem privaten Bestand den erforderlichen Adapter in die Hand. Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ist eine selbstverständliche Angelegenheit unter Barcampern.
»Kannst du mir vielleicht mal dieses Tool erklären«, ist eine Frage an einen wildfremden Menschen, die auf dem Barcamp stets freundlich beantwortet wird. Jeder hilft jedem gern und gibt ohne Murren sein Wissen preis. Den Teilnehmern ist bewusst, dass sich der klassische Umgang mit Herrschaftswissen nur knacken lässt, wenn das Wissensmonopol Weniger aufgelöst wird und Informationen sozialisiert werden. In diesem Sinne haben Barcamper eine beinahe frühkommunistische Einstellung, was den Umgang und die Verbreitung von Informationen angeht. Einige von ihnen arbeiten deshalb auch bei Wikipedia mit und schreiben das kostenfreie Internet-Lexikon fort, andere informieren über ihre teils hoch spezialisierten Blogs.
Barcamper verstehen sich als »Early Adopters«, als Leute, die technisch die Nase ganz weit vorn haben und bereits weitgehend digital leben und umgehen. Wie weit sie die Nase vorn haben, wird deutlich, wenn es um eine Auseinandersetzung mit der aktuell herrschenden Politikkaste geht. Wird in den Regierungsdezernaten das Internet als Teufelswerk angesehen, das unbedingt kontrolliert und unter staatliche Aufsicht gestellt werden muss, um Chinas »himmlischen Frieden« auch über deutsche Lande zu verbreiten, stehen Barcamper auf der entgegen gesetzten Seite. Es gibt derzeit wohl keinen gesellschaftlichen Bereich, in dem das Aufeinanderprallen der Moderne auf gestriges Denken deutlicher wird als im Bereich des Internets. Internet-User verspotten die nach dem Zensor rufende amtierende Familienministerin Ursula von der Leyen als »Zensursula«. Sie schütteln den Kopf über eine Bundeskanzlerin, die öffentlich fragt, was denn ein »Browser« sei und verlachen Abgeordnete, die sich über moderne Kommunikationsformen als »Tralafiti« mokieren.
Während der Mittagspause, in dem jeder Barcamper neben Teller, Messer und Gabel auch sein Laptop traktiert, sitzt an einem Tisch ein schwarz gekleideter Trupp junger Männer, die in rasender Eile Befehlszeilen in ihre Rechner tippen und sich dabei offenbar köstlich amüsieren. Einige dieser Barcamper fühlen sich dem ChaosComputerClub zugehörig, der immer wieder durch konkrete Aktionen im Web von sich reden macht. Und auch die durchaus beachtenswerten Stimmengewinne der Piratenpartei, die am gleichen Tag bei den Europawahlen kandidiert, zeigt, dass Barcamper keine unpolitischen Gesellen sind, die sich in die Schmuddelecke drängen lassen.
Auf dem Heimweg frage ich am Ausgang in die Runde, ob jemand zufällig wisse, wo die Gellertstraße in Köln sei. Wi e auf Kommando zücken 25 Barcamper ihr iPhone und weisen mit dank GoogleMaps den Weg. Als ich kurz vor meinem Rückflug nach Berlin noch das dem Mythos der guten, alten Dinge huldigende Warenhaus Manufactum in der Innenstadt besuche, kauft neben mir ein Mann ein sündhaft teures Radio, bei dem Strom mit Kurbelbetrieb erzeugt wird. Auf meine Frage, warum er denn nicht einfach sein Handy zum Radiohören nehme, schaut er mich irritiert an: »Ein Handy habe ich nicht, und ich höre viel Radio«. Barcamp ist insofern auch ein echtes Kontrastprogramm.
An der Autobahn A 2 zwischen Minden und Gütersloh am Rand des Teutoburger Waldes existiert ein Potemkinsches Dorf gewaltigen Ausmaßes: BIELEFAKE. Angeblich 325.000 Einwohner zählt die Stadt, deren Modell den Hirnen gerissener Politiker und gewiefter Filmregisseure entsprungen ist, die IHNEN untertan sind. HIER geht es weiter →
Ein kurzer Ausflug in die Stadt an der Seine
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Wer mehr über den Eiffelturm erfahren möchte,
liest meinen Hintergrundartikel auf Suite101.de
Polizeifunk abhören mit Micky Maus
Große und kleine Kinder gehen auf lustige Verbrecherjagd
Berlin (Eigenbericht). Einem Tipp der Pressestelle der Panzerknacker AG folgte heute früh der BLOGSDORFER ANZEIGER. Bei einem Zeitschriftenhändler seines Vertrauens erwarb Prinz Rupi die neueste Ausgabe der »Micky Maus«. Dieser heftet als supercooles Extra ein weißes Radio mit »2-Phasen-Display« an, das dem apple iPod ähnelt. Besonderer Gag des Radios und Grund des Erwerbs durch den rührigen Herausgeber der Blogpostille: mit dem Radio kann der Polizeifunk abgehört werden.
Die Panzerknacker AG ist bekanntlich der größte Schrecken der Polizei, wie jeder Leser der »Micky Maus« weiß. Durch eine gezielte Information der Presseabteilung dieser rührigen Bruderschaft erfuhr Prinz Rupi von der im wahrsten Sinne des Wortes kinderleichten Möglichkeit, den Polizeifunk abzuhören. Tatsächlich meldet sich nach Drücken der Reset-Taste gleich als erster Sender die Polizei. Mit dieser innovativen Radiotechnik »Made in China« können ab sofort 314.000 Kinder im deutschsprachigen Raum auf Gangsterjagd gehen. Lediglich »für Kinder unter drei Jahren« sei das Radio »nicht geeignet« heißt es auf der Verpackung.
Auf Nachfragen erfuhr Prinz Rupi von Herrn Busch, Polizeipressestelle Berlin, dass bislang noch keine Hundertschaften auf die Spuren junger Hilfspolizisten gesetzt worden sind. Das Thema war bislang unbekannt. Die Hamburger Polizei ist da bereits weiter. Sprecherin Ulrike Sweden bestätigt: »Die Kripo prüft, ob ein Verstoß gegen das Fernmeldegesetz vorliegt.« Die Hannoveraner Polizeisprecherin Petra Holzhausen kennt ebenfalls die neueste »Micky Maus«, ihre Behörde prüft noch.
Statt Radiomusik aktuelle Fahndungsaufrufe, Halterabfragen und Einsatzbefehle der Polizei als Alternativprogramm für junge Hörer? Der Herausgeber der deutschen Ausgabe, Ehapa in der Berliner Wallstraße 59, steckt im Schwitzkasten der Ordnungshüter. »Wir möchten unsere Leser darauf hinweisen, dass es sich um wenige Einzelfälle handelt. Mit dem Micky Maus-Radio sollte natürlich Musik gehört und nicht auf Funkwellen-Suche gegangen werden.«, heißt es dort auf Anfrage.
In der aktuellen Ausgabe des Magazins findet sich zum Thema gleich noch die passende Geschichte. Unter dem bezeichnenden Titel »Panzerknacker: Das schmutzigste Verbrechen aller Zeiten« wird von neuen Schurkenstreichen der Verbrecher AG berichtet.
Rettungsaktion trotz großer Hindernisse
von Kris E. Total
Wirtschaftsredaktion Blogsdorfer Anzeiger
Aufgrund eines dringenden Hilferufs eines bodenständigen Unternehmens aus den südlichen Gefilden Europas entschloss sich Prinz Rupi zu einer beispiellosen Hilfsaktion. Weil Batman, Spiderman und SuperMerkel unabkömmlich waren, entnahm er kurz entschlossen seinem Privatvermögen die nicht unerhebliche Summe von zwanzig Milliarden Euro in kleinen Scheinen. Damit machte er sich auf, das unverschuldet in Schieflage geratene Traditionsunternehmen vor dem Exitus zu bewahren.
Prinz und Gefolge bestiegen einen der privaten Lears-Jets des Königshauses und brausten gen Süden. Dichter Nebel und eine Schar widerwärtiger Krähen behinderten das Vorankommen. Doch Prinz Rupi drückte aufs Gas und ließ sein Flugmobil durchstarten. Beim Anflug auf Palma de Mallorca, das Ziel der Unternehmung, kam es zu einem Crash. Die Maschine setzte unsanft auf einer Bergkuppe auf und brannte vollständig aus. Glücklicherweise konnte das Geld gerettet werden. Auch Menschen kamen nicht zu Schaden.
Fotos und Film © Wilhelm Ruprecht Frieling
Um keine Zeit zu verlieren, charterte der Prinz einen Bus, um von der Unglückstelle umgehend zu dem Not leidenden Unternehmer zu gelangen. Dieser setzte bereits per SMS weitere Hilferufe ab und beklagte sein Unglück. Prinz Rupi bot dem Busfahrer ein erhebliches Trinkgeld, wenn er denn seine kostbare Fracht auf schnellstem Wege in die Balearen-Hauptstadt bringen würde. Aus Versehen geriet der erfahrene Pilot, während er aus einer Flasche Kräuterschnaps Stärkung schlüfte, ins Schleudern. Der Bus stürzte die Böschung hinab und verendete wie ein waidwunder Wurm. Es ist eine himmlische Fügung, dass die schweren Geldkoffer wiederum unversehrt blieben.
Wahre Freunde helfen in der Not, rief der Prinz und erwarb im nahe gelegenen Hafen eine bescheidene Yacht, um seine Mission zu vollenden. Doch der Himmel prüfte den Edlen und seine Schar auf grausame Weise. Ein plötzlich ausbrechender Orkan schleuderte den Nachen an felsiges Gestade und machte ein Fortkommen unmöglich. Es schien, als stünden die Götter im Bunde mit dem Teufel, um zu verhindern, dass die Weltwirtschaft saniert wird.
Das Rettungsteam ließ sich nicht unterkriegen und suchte ein neues Gefährt. Hilfreiche Bauern versorgten die Retter mit einem älteren PKW unbestimmten Baujahrs und Marke. Es ist kaum zu glauben, doch auch als dieses Fahrzeug sich in einem Dornengebüsch verhedderte und dort elend verendete, entstand kein Schaden an Fracht und Mannschaft.
Zu Fuß zog der schwer bepackte Tross die letzten Kilometer weiter und erreichte schließlich das Ziel: die Altstadt von Palma. Von weitem leuchtete den Rettern bereits das einstmals prächtige Anwesen des in Schieflage geratenen Unternehmens entgegen.
Jorge, 86, der blinde Patriarch des Unternehmens, das auf den stolzen Namen »Radio Espana« hört, überreichte dem Prinzen einen handschriftlichen Rettungsplan. Diesen hatte er persönlich mit zittriger Hand entworfen. Danach will der Patron sein Unternehmen in die Hände seines 67jährigen unbeweibten Stammhalters Jaume legen. Dieser soll es künftig mit jungen Ideen füllen und zu neuem Leben erwecken. Dessen Plan ist es, Arbeitsplätze in der chinesischen Provinz Sichuan zu schaffen. Von dort bezieht der findige Jungunternehmer Millionen Glühlampen, die er zu einem Spottpreis als Alternative zu teuren Energiesparlampen auf den Markt werfen will.
Sorgfältig prüfte der Prinz beim fahlen Licht einer Petroleumlampe das in sich schlüssige Konzept. Derweil rührte Jorges treue Gattin Maria, die bis zum letzten Tag im Geschäftslokal die Stellung hielt, in einer Kuttelsuppe. Kaum hatte er von der Speise gekostet, überreichte der Prinz die erbetene Finanzspritze in Höhe von 20 Milliarden.
Freudestrahlend umarmte der eisgraue Patriarch den edlen Spender und lief laut jubelnd ins Freie, um Nachbarn und Anwohner von der guten Nachricht in Kenntnis zu setzen. Bald sang und tanzte das gesamte Viertel, Cava floss in Strömen, und zufrieden knabberte der Prinz an einem krossen Stück Spanferkel, das auf einem spontan errichteten Grill zubereitet wurde.
Nach 14 Tagen ausgelassenen Feierns verabschiedete sich die Hoheit, um zu neuen Aufbautaten zu eilen, denn die Weltwirtschaft befindet sich trotzt dieser Großtat weiter in Schieflage. Dankbar winkte die von schwerer Last befreite Unternehmerfamilie ihm zu und versprach, in Palma würde nie wieder das Licht ausgehen.
Die Großtat des Prinzen beweist, dass mit Ideen, gutem Willen und ein klein wenig Eigenkapital viel möglich ist, um unsere Wirtschaft zu beleben und der Krise zu trotzen.
Kris E. Total, Wirtschaftsredaktion Blogsdorfer Anzeiger
Unter dem prinzlichen Weihnachtsbaum treten Killerkekse äusserst raffiniert als Nussmürbchen auf
Backen zum Advent
Heute:
Wie backe ich Killerkekse Das Geheimrezept
Aus dem geschätzten Leserkreis meines Buches »Angriff der Killerkekse« erreicht mich stets ein- und dieselbe Frage: Es geht darum, das Geheimnis der Killerkekse zu lüften, jener legendären Spezialität, die Flügel verleiht und helfen kann, die Pforten der Wahrnehmung zu öffnen.
Seitdem ich mich unter dem Druck der Öffentlichkeit einverstanden erklärte, das streng gehütete Rezept frei zu geben, werde ich mit Zuschriften überschüttet. Stellvertretend für Millionen begeisterter Leser äußerte sich im Vorfeld Herr Flogni: »Dass du dann auch noch das Rezept für dieses köstliche Rezept freigeben willst, macht die Sache umso interessanter. Es könnten glatt meine neuen Lieblingsplätzchen werden«. Die Schriftstellerin Nurel aus Hohen Neuendorf erklärt, sie würde »gern mal einen probieren«, und Fräulein Ormuz aus Ilmenau fordert lautstark: »Ich will auch Keksdiät machen !!!«
Das Rezept des magischen Gebäcks:
Folgende Zutaten werden für die Plätzchen benötigt:
50 g Butter
125 g Margarine
4 Eigelb
1 komplettes Ei (ohne Schale)
2 Päckchen Vanillezucker (ohne Tüten)
500 g Mehl
Munter geht es los: Butter, Zucker und Eigelb schaumig rühren. Restliche Zutaten dazugeben und gut durchkneten. Der Teig wird dann in den Kühlschrank gestellt.
Magische Zutaten vom Fachhändler
Während der Teig ruht, springen wir in den nächsten fahrbaren Untersatz und machen einen Einkaufsbummel nach Holland. Dort besuchen wir einen »Coffee Shop« und erwerben zehn Gramm der Heilpflanze Marihuana. Diese ist derzeit in deutschen Landen illegal und deshalb nur unter der Hand auf Schulhöfen, in Szenekneipen und an Bahnhöfen erhältlich. Ein Bezug aus kontrolliertem Anbau ist auf jeden Fall vorzuziehen.
Wieder daheim zerdrücken wir die Pflanzenteile in einem Mörser zu feinem Gras. Der Teig wird ausgerollt, und das Pulver großzügig über die Masse verteilt. Dann stechen wir mit einem umgedrehten Eierbecher die Plätzchen aus und bestreichen sie mit Eigelb.
Zauberworte für magisches Gebäck
Abschließend verdunkeln wir die Küche, entzünden Räucherwerk und verneigen uns drei Mal vor dem Backblech. Dabei ruft der Zuckerbäcker jedes Mal deutlich »MUTABOR!« und erinnert sich an das Märchen von »Kalif Storch«.
Der Kalif Chasid zu Bagdad kaufte danach bei einem Krämer ein Zauberpulver, womit er seine magischen Plätzchen würzte. Mit diesen Keksen konnten er und sein Großwesir sich in Störche verzaubern. Sie vergaßen aber den Zauberspruch und konnten sich nicht mehr in Menschen zurückverwandeln. Beide machten sich auf den Weg, um Hilfe zu suchen. Sie kamen zu einer Ruine, wo ihnen eine verzauberte Prinzessin weiterhalf. Wieder erlöst, kehrten sie zu dritt in den Palast zurück und verzehrten glücklich bis zu ihrem Lebensende ihre geliebten Killerkekse.
Das vergessene Zauberwort lautete Mutabor und bedeutet aus dem Lateinischen übersetzt ich werde verwandelt werden. Damit uns nicht das Schicksal des Kalifen ereilt, legen wir bereits den Zauber beim Zubereiten auf die Glückskekse.
Killerkekse sparsam genießen
Nach diesem Ritual backen die Köstlichkeiten etwa zehn Minuten bei 200 Grad im Ofen. Goldgelb lachen sie uns entgegen und wollen am liebsten gleich verzehrt werden. Doch Vorsicht!
Wer zum ersten Mal Killerkekse nascht, sollte sich mit einem Plätzchen begnügen. Es ist angeraten, die Köstlichkeit in einer angenehmen Atmosphäre zu genießen. Die Wirkung entfaltet sich erst nach einigen Stunden und kann durchaus einen halben Tag andauern. Deshalb ist der Verzehr in den Abendstunden sinnlos, der schönste Teil würde glatt verpennt.
Am besten ist es, am frühen Nachmittag ein Plätzchen zu genießen und sich dann auf einen besinnlichen Adventsabend zu freuen. Dann bitte auf einem weichen Sofa Platz nehmen, Kerzen entzünden, entspannende Musik auflegen und zu meinem Buch »Angriff der Killerkekse« greifen. Denn dort wird verraten, was dem passiert, der zu viele Killerkekse verschlingt. Guten Appetit! Wer das Büchlein immer noch nicht in Griffnähe hat, bekommt es zum Preis von nur 14,80 signiert, liebevoll verpackt und portofrei direkt vom Autor. (E-Mail an frieling@aol.com mit Versandadresse genügt).
Ruprecht Frieling aka Prinz Rupi präsentiert Autoren lustiger Gedichte: Freiherr Franz von Gaudy, Joachim Ringelnatz, Robert Gernhardt, dem inzwischen leider ebenfalls verstorbenen Günther Nehm und Heinz Erhardt
Ein Interview von Maria Ossowski für DRS 2. Die Sendung wurde erstmals am 11. November 2008 ausgestrahlt.
Aus der literarischen Tradition der »Beat Generation« wuchs mit der Hippie-Bewegung das Bestreben engagierter Schreiber, neue journalistische Formen auszuprobieren, die unmittelbarere Ausdrucksformen gestatteten und den Leser stärker zu fesseln vermochten. Das ist der »New Journalism« der Generation Gonzo.
Tom Wolfe begründete den »New Journalism« mit seiner Geschichte über »Das bonbonfarbene tangerin-rot-gespritzte Stromlinienbaby«. Truman Capote, Norman Mailer, Gay Talese und Hunter S. Thompson sind weitere weltberühmte Vertreter des Stils.
Wesensmerkmal des »Neuen Journalismus« ist ein extrem subjektiv geprägter Reportagestil, der gern Randfiguren zu Hauptdarstellern macht und Themen aus einem völlig unerwarteten Gesichtswinkel beleuchtet. In seiner Geschichte »Frank Sinatra ist erkältet« versucht beispielsweise Gay Talese, wochenlang an den bekannten Sänger heranzukommen, was aber immer wieder daran scheitert, dass Sinatra tatsächlich erkältet oder einfach schlecht gelaunt ist. Stattdessen erfährt der Leser Erstaunliches über Freunde und Umfeld von Sinatra und seinem Milieu.
Ähnlich arbeitete Hunter S. Thompson, der erklärte Anarchist des »New Journalism«. Er nannte seine Form des Schreibens »Gonzo-Journalismus«, wobei das Adjektiv »gonzo« für bizarr, verrückt, hemmungslos und schräg steht. Monatelang lebte er unter »Hells Angels«, um ein Buch über sie zu schreiben. Er ging stets voll in seinem Thema auf, er nahm Recherche wichtig und versuchte, mit dem jeweiligen Milieu eins zu werden.
Zum Symbol wählte Thompson die Gonzo-Faust, eine zur Faust geballte Hand mit zwei nach innen zeigenden Daumen, die eine Peyote-Kaktee halten. Daraus wurde dann der Begriff der Generation Gonzo.
In seiner vielleicht bekanntesten Geschichte »Das Kentucky-Derby ist dekadent und degeneriert« besucht er mit einem britischen Zeichner das berühmte amerikanische Derby, um das feiste und verlogene Amerika zu beschreiben. Die Story verläuft turbulent, die Pferde sieht der Berichterstatter überhaupt nicht, da er meistens die VIP-Bar plündert. Er beschreibt, wie einige tausend volltrunkene Trottel »schreien, heulen, kopulieren, sich gegenseitig niedertrampeln und sich mit zerbrochenen Whiskeyflaschen angreifen«. Schließlich versprüht er eine Dose Kampfgas, was zu einem infernalischen Tohuwabohu führt. Dabei ist die vermeintliche Leichtigkeit, mit der die Geschichte daherkommt, Teil der Kunstfertigkeit des Autors und seiner Fähigkeit, sich selbst in seinen Texten zu inszenieren.
Beim Gonzo-Journalismus handelt es sich um einen unverwechselbaren Reportage-Stil, der auf William Faulkners Überzeugung basiert, die beste Dichtung sei weitaus wahrer als jede Art von Journalismus. Der im deutschen Sprachraum anspruchsvollen Journalisten als literarischer Maßstab dienende »rasende Reporter« Egon Erwin Kisch dachte ähnlich über dieses Thema und schrieb: »Nichts ist verblüffender als die Wahrheit, nichts exotischer als unsere Umwelt, nichts fantastischer als die Wirklichkeit.«
Damit sei nun keinesfalls gesagt, dass Dichtung notwendigerweise »wahrer« als Journalismus ist oder umgekehrt sondern, dass es sich sowohl bei »Dichtung« wie bei »Journalismus« um künstliche Kategorien handelt; und dass beide Formen in ihren Sternstunden nur zwei verschiedene Mittel zum selben Zweck sind. Belege für diese Sternstunden des Genres liefert die ultimative Sammlung der legendären Gonzo-Papers, die inzwischen auf Deutsch vorliegt und Thompsons beste Artikel aus vier Jahrzehnten unermüdlichen Kampfes gegen Dummheit, Bigotterie und Korruption präsentiert.
Thompson ist Vorbild gesellschaftskritischer Autoren, die sich für das Verschmelzen von literarischen und journalistischen Stilelementen starkmachen. Er wurde zum Outlaw, weil er die klassischen Werte des »good old America« verhöhnt und zu einem der letzten Freiheitshelden, der sich mit Mitteln von Sprache und Stil gegen Vermassung und Verblödung wehrt und als kreativer Unruhestifter stets im Mittelpunkt seiner eigenen Geschichten steht.
»Echte Gonzo-Reportage«, schreibt Thompson, »erfordert die Talente eines Meisterjournalisten, das Auge eines Künstlers/Fotografen und den Mumm eines guten Schauspielers«. Dieses Buch liefert auf 574 Seiten den Beweis für seine Meisterschaft.