Der britische Komponist Gustav Holst (1874-1934) ist Musikliebhabern als Schöpfer der Planetensuite vertraut. Diese mächtige Komposition für großes Sinfonieorchester nutzten junge Leute in den Siebzigern gern zur musikalischen Untermalung psychedelischer Erlebnisreisen, und auch die moderne Popmusik (beispielsweise die englische Rock-Gruppe Emerson, Lake & Powell) adaptierte Teile der einstündigen Tondichtung.
Holst hat indes viel mehr klangfarbenfrohe Musik geschrieben als diesen, den sieben seinerzeit bekannten Planeten unseres Sonnensystems gewidmete, astrologisch beeinflusste Sternzeichenmusik. Bereits im siebten und letzten Planeten-Satz, der den mystischen Neptun beschreibt, kommt ein sechsstimmiger Frauenchor zum Einsatz. Den Chor nutzte der Komponist als Instrument und band ihn in das Orchester ein.
Künftig spielte der Chor eine tragende Rolle in seinem Werk. Deutlich wird das an der dreißigminütigen Kammeroper Sāvitri, die er im Anschluss an die Planetensuite schrieb. Holst fiel ein Buch über die Heiligen Schriften der Inder in die Hand, er geriet darauf in einen Indien-Rausch und erlernte Sanskrit, um direkt die Weisheit des Subkontinents aus den Quellen schöpfen zu können. 1916 schrieb und komponierte er die Kammeroper Sāvitri nach einer Episode aus dem Mahabharata, dem Nationalepos der Inder.
Der Einakter für drei Sänger, zwölfköpfiges Kammerorchester und wortlosen Chor schildert, wie die schöne Sāvitri den Todesgott Djamal überlistet, um ihren Gatten, den Holzfäller Satyavān zu retten. Der für neue Wege im Musiktheater stehende Holst wollte das Stück außerhalb von Opernhäusern aufführen, am besten im Freien oder in kleinen Gebäuden. Das Rundfunkorchester Berlin unter Chefdirigent Simon Hasley nahm sich nun des selten aufgeführten Kleinods an und verlegte es in den sagenumwobenen Berliner Techno-Tempel Berghain.
Angeregt durch die regelmäßig hier stattfindende Yellow Lounge des Musiklabels Deutsche Grammophon/Universal entschied sich Hasley, die Aufführung in dem ehemaligen DDR-Heizkraftwerk mit Darkrooms und einem 18 Meter hohen Dancefloor stattfinden zu lassen.
Begleitet von sphärischen, zwischen Hymnen und Kelten-Folk angesiedelten Gesängen des Berliner Rundfunkchors, der schwarz gewandet voranschritt, bewegte sich das Publikum über ein eisernes Treppenhaus in das Innere des Clubs. Dort gingen die drei Solisten Susan Bickley als stimmstarke Sāvitri (Mezzosopran), Christopher Gillett als Satyavān (Tenor) und Konrad Jarnot als Todesgott (Bariton) gemessenen Schrittes zwischen den Zuhörern umher und erstiegen eine schlanke gusseiserne Feuertreppe, von der sie ihre Parts sangen.
Auf Podien aus Kabeltrommeln bewegten sich drei Schlangenmenschen. Nach einer auf die Musik fein abgestimmten Choreographie von Regisseur Lars Scheibner übersetzen diese Akrobatinnen die Stimmungen der Musik in Bewegungsabläufe. Ihre Leistung wurde im Berghain durch ausgefeilte Lichttechnik sichtbar, während der Chor seinen sphärisch-sinfonischen Singsang durch den nahezu stockfinsteren Raum fließen ließ und eine mystisch-transzendente Stimmung schuf.
Es mag darüber gestritten werden, ob ein Szene-Club der angemessene Ort für die Darbietung einer Kammeroper ist. Unübersehbar aber wurden Menschen von der Veranstaltung und/oder der Örtlichkeit angezogen, die nie zuvor ein Opernhaus betreten haben. Simon Halsey und der Rundfunkchor Berlin mit seinen 64 fest angestellten Berufs-Sängerinnen und Sängern haben mit der Aufführung dieses dramatisch-psalmodierenden Werks in einem auch akustisch schwer zu beherrschenden Raum eine eindrucksvolle Grenzüberschreitung gewagt, die Respekt verdient.
Gleich gegenüber der Oper Frankfurt lacht der Euro als Monumentalplastik dem Steuerzahler frech ins Gesicht, während sich drinnen der Vorhang hebt zum ersten Abend der Tetralogie von Richard Wagners Ring des Nibelungen. Im »Rheingold« wird erzählt, wie die Gier nach Geld und Gold aus dem Urschleim der Geschichte gewoben wird und unaufhaltsam die Welt vergiftet.
Regisseurin Vera Nemirova inszeniert die Parabel um Liebe und Gold indes als sphärisches Märchen aus einer anderen Galaxie. Sie vermeidet jeden Bezug zu den geldgeilen Kraken von Krankfurt, die in den umliegenden Glitzertürmen die Welt ins Wanken bringen. Ihre Rheintöchter, Zwerge und Götter spielen auf fünf kreisenden Saturnringen (Bühnenbild: Jens Kilian). Werktreu erzählt sie die Geschichte von den Rheintöchtern Woglinde, Wellgunde und Floßhilde, die den um ihre Zuneigung werbenden Zwerg Alberich verspotten und ihn schließlich auf die Idee bringen, die Liebe zu verfluchen, das Rheingold zu stehlen und daraus den Ring der Macht zu schmieden.
Göttervater Wotan nimmt derweil den Bau seiner Götterburg Walhall ab, die ihm die Riesen Fasolt und Fafner auftragsgemäß errichtet haben. Als Lohn versprach er den Bauleuten Freia, die Göttin der Liebe, die in ihrem Garten die Äpfel der ewigen Jugend züchtet. Als er jedoch zahlen soll, widersetzt sich Wotan, es kommt zu heftigem Streit mit seinen Lieferanten, den auch die zur Hilfe eilenden Götter Donner und Froh sowie Halbgott Loge nicht schlichten können. Als Loge jedoch vom Rheingold berichtet, um dessen Rückgabe die Rheintöchter Wotan bitten, wird ihre Gier geweckt und sie willigen ein, Freia (und damit die Liebe) gegen den Schatz zu tauschen.
Wotan steigt darauf mit Loge in die Unterwelt, in der Alberich die Nibelungen mittels des mächtigen Ringes zwingt, seinen Reichtum zu mehren. Er unterwirft den Dieb und raubt den Hort. Urmutter Erda, mit der Frauenheld Wotan die Walküren zeugte, taucht aus dem Erdinneren auf und prophezeit das Ende der Götter: die Götterdämmerung.
Die Riesenbrüder Fasolt und Fafner werden mit dem Rheingold ausbezahlt. Sie fordern und bekommen auch den magischen Ring, den Wotan gern behalten möchte. Dessen Fluch geht auf die Erbauer von Walhall über: Fasolt erschlägt Fafner und bemächtigt sich des Schatzes. Die Götter beziehen schließlich ihren neuen Wohnsitz, während Wotan bereits Pläne schmiedet, wie er den Fluch des Goldes und damit den von Erda verheißenen Lauf der Geschichte abwenden kann
In Nemirovas Inszenierung mutieren die Götter zum Schluss in Salonlöwen, die ins Publikum gehen und diese quasi in das Spielgeschehen einbeziehen. Während sie sich gegenseitig mit Champagner zuprosten und ihr neues Domizil feiern, fällt der Vorhang. Dies ist einer der wenigen Szenen, in der die Regisseurin eigene Ansätze zeigt, die über das konventionelle Erzählen hinausgehen.
Ansonsten sind es inszenatorische Zugaben, die aber seltsam ungereimt bleiben: Mal tauchen vier weitere Riesen zur Verstärkung von Fasolt und Fafner auf, die beim Abtransport des Goldes (wo sie wirklich gebraucht werden könnten) wiederum fehlen. Als die Göttin der Jugend verschleppt wird, sieht man die Vision der Götter, die sich gebeugt und greis über die Bühne schleppen; diese Szene wiederholt sich später beim Einzug in Walhall, wobei Freias jüngendes Obst längst wieder auf dem Speiseplan steht und die Gefahr des Alterns abgewendet ist. Alberichs Verwandlung in einen Furcht erregenden Lindwurm wird pantomimisch mit farbigen Handschuhen dargestellt und geriert zum Kasperletheater.
Was der Regie an Einfällen fehlt, macht die Musik locker wett: Musikalisch ist das Frankfurter Rheingold umwerfend. Sebastian Weigle bändigt das Opernorchester und beherrscht die monumentale Musik Wagners. So werden sowohl die insgesamt sechs Harfen hörbar, auch die Streicher entfalten ihren schimmernd seidigen Klang selten gleichberechtigt neben dem dramatisch tönenden Blech. Das behutsam aufsteigende Orchestervorspiel mit seinen 136 langen Takten Es-Dur macht den Atem stocken. Leider setzt sich bereits im Vorspiel die tonnenschwere Bühne vollkommen unnötig ächzend und stöhnend in Bewegung und stört den Zauber.
Stimmlich ragen Alberich (Jochen Schmeckenbecher), Wotan (Terje Stensvold) und Loge (Kurt Streit) hervor. Die Sänger müssen diesmal – wie häufig bei Wagner-Opern – nicht gegen die Klangwut aus dem Graben kämpfen, Weigles Dirigat lässt ihren Stimmen Raum, sich differenziert auf ihre Rollen einzustellen.
Im Ergebnis ist der Start des dritten Frankfurter Ring-Zyklusses ein musikalischer Genuss. Die Chance, vor der Kulisse der Frankfurter Banken einen zeitgemäßen oder aktuellen Ansatz zu suchen, wurde hingegen vertan. Ende Oktober 2010 wird Vera Nemirova mit der Walküre den zweiten Abend von Wagners monumentaler Kapitalismus-Kritik präsentieren.
Einen musikalischen Eindruck vom philharmonischen „Sängerkrieg“ gibt es auf meinem YouTube-Video. Im Hintergrund brummt der Berichterstatter mit
Jahr für Jahr findet in Obereidorf ein bedeutsamer Sängerkrieg statt: die Heidehasen treffen sich und tragen Lieder vor, die sie selbst getextet und komponiert haben. Doch in diesem Jahr gibt es etwas Besonderes: Denn Lamprecht VII., König der Hasen und Karnickel, möchte seine Tochter mit dem besten Sänger vermählen und damit seinen Nachfolger bestimmen.
Besonderes interessiert an einem glatten Wahlsieg ist Musikdirektor Wackelohr. Mit hunderttausend Hasentalern versichert er sich der Unterstützung des Ministers für Hasengesang. Doch unerwartet tritt ein ernst zu nehmender Konkurrent auf, und der heißt Lodengrün. Damit dieser Erfolg versprechende junge Hase seinen Auftritt verpasst und gar nicht erst zum Sängerstreit antritt, verstellt Wackelohr dessen Uhr. So verschläft Lodengrün den Beginn des Wettstreits. Er steht viel zu spät auf und hoppelt zum Festplatz, verzweifelt eine Hasenarie singend: Als ich heute früh erwachte, fand ich meine Uhr verstellt
– Ob Lodengrün es rechtzeitig schafft, den Sängerkrieg der Heidehasen und damit als Obereidorfs Superhase die Prinzessin zu gewinnen?
Der Sängerkrieg der Heidehasen, über den ich an anderer Stelle schon ausführlich geschrieben habe, ist ein Hörspiel nach dem Buch des Helgoländer Autors James Krüss mit der Musik von Rolf Wilhelm. Das 1952 vom Bayerischen Rundfunk produzierte Hörspiel prägte bundesdeutsche Nachkriegskinder und ist manchem Silberschopf noch in bester klingender Erinnerung. Es gab mehrere Versuche, den Stoff für Puppenkisten und Musicalbühnen aufzubereiten, doch das Original blieb bislang unerreicht und sollte schon aus diesem Grunde in keiner Musiksammlung fehlen.
Die Berliner Philharmoniker stellten sich also einer besonderen Herausforderung, als sie unterstützt von Schülern der Rixdorfer Grundschule aus Neukölln als Chor das märchenhafte Singspiel als erheiterndes Vergnügen für Klein und Groß gestalteten und gleichzeitig daraus ein Lehrstück über den Musikbetrieb entwickelten.
Posaunist Thomas Leyendecker stellte dazu ein Salonorchester aus Philharmonikern zusammen, das mit enormer Spielfreude, spürbarer Begeisterung für den Stoff und ausstaffiert mit Hasenohren auf der Bühne des ausverkauften Berliner Kammermusiksaals brillierte. Dabei wurde vor allem der parodistische Ansatz der Hasenoper herausgearbeitet. Der Sängerkrieg der Heidehasen bezieht sich nämlich gedanklich auf Richard Wagners Sängerkrieg auf der Wartburg im Tannhäuser sowie auf Die Meistersinger von Nürnberg. Sogar der Name Lodengrün spielt auf Wagners Wunderwerke und seinen Lohengrin an.
Musikalisch löste Leyendecker dies elegant: er verwob beispielsweise Wagners Vorspiel zum ersten Aufzug der Meistersänger mit der Lodengrün-Fanfare und verwendete auch zahlreiche andere Zitate aus Wagners Werken. Insofern verknüpfte er echte Opernmusik mit den Schlagern der Hasenoper, die vom begeisterten Publikum vielstimmig mitgeschunkelt wurden.
Die handelnden Figuren wurden instrumental durch Solisten repräsentiert. Trompeter Guillaume André Jehl gab humorvoll den Heidehasen Lodengrün, der bereits beim Vorspiel mit dem Allegro von Joseph Haydns Trompetenkonzert Es-Dur das Publikum zu Beifallsstürmen hinriss. Cellistin Rachel Helleur verkörperte eine Prinzessin, um die wohl jeder Hase zwischen Feld und Heide stürmisch ringen würde. Klarinettist Alexander Bader verkörperte einen würdevollen Hasenkönig, der sich spielerisch Achtung verschaffte, und auch alle anderen Musiker glänzten spielerisch wie mimisch.
PS. Seit Jahren bin ich nicht mehr so erfüllt und freudig aus der Berliner Philharmonie gegangen. Ich hoffe, dass es zu weiteren Aufführungen vom Sängerkrieg der Heidehasen kommt, und ich wünsche mir, die Inszenierung möge auf DVD erscheinen. Allen, die gern singen und lachen, sei zudem die historische Originalaufnahme der grasgrün-frischen Hasenoper ans Herz gelegt.
Theater Taptoe setzt die Segel zu »De vliegende Hollander« Fotos: Neuköllner Oper
Im Rahmen des Europäischen Festival für anderes Musiktheater »Open Op« gastierten auf Einladung der Neuköllner Oper das flämische Theater Taptoe und das Bläserensemble »I Solisti del Vento« in Berlin. Gespielt wurde »Der fliegende Holländer« nach Richard Wagner als symphonische Erzählung mit Chor und Marionetten.
Die Truppe aus Belgien hat Wagners im Stil einer Nummernoper geschriebene zweieinhalbstündige »Romantische Oper in drei Aufzügen« aus dem Jahre 1843 auf die Hälfte zusammengestrichen. In einem 75minütigen Mix aus Figuren- und Objekttheater spielen drei Puppenspieler, ein vierköpfiger Männerchor und ein gutes Dutzend Musiker die dramatische Geschichte vom verfluchten holländischen Kapitän, der alle sieben Jahre mit seinem Geisterschiff aus der Tiefe des Meeres auftaucht und nach Erfüllung sucht. Denn der Holländer kann nur sterben, wenn er eine Frau findet, die ihm bis in den Tod hinein treu bleibt. Nur dann wird er vom Fluch der Götter erlöst und kann in Frieden sterben.
Der Verfluchte trifft auf Daland, einen anderen Kapitän, den er mit Gold und Edelsteinen in den Bann schlägt. Daland verkauft dem Geisterfahrer seine Tochter Senta. Die wiederum hat schon viel vom Mythos des fliegenden Holländers gehört und möchte seine Seele aus der Verdammnis erlösen. Sie gibt dafür ihren Verehrer, den Jäger Erik, auf, der sie jedoch an ihren Treuschwur erinnert. Dies hört der Holländer und glaubt, dass auch Senta nicht die Frau sein kann, die ihn retten wird. Es weist sie von sich. Sie setzt dem davon eilenden Gespensterkapitän nach, verkündet nochmals, ihm treu bis zum Tod sein zu wollen, und stürzt sich vom Felsen ins brausende Meer. Durch dieses Opfer wird der fliegende Holländer schließlich erlöst und findet Frieden.
Dramaturg Luk de Bruyker inszeniert den »Holländer« als Bühnenspiel mit Puppen. Dabei interpretiert er die Figur des Geisterfahrers als nebulöse, unwirkliche Figur, die lediglich als Schattenriss auftritt. So ist der Holländer selbst nie zu sehen, es bleibt beim Schattenspiel zwischen der Takelage eines Segelschiffes, das als Bühnenbild dient und einigen wenigen Akteuren. Senta, die weibliche Hauptfigur, wird doppelt dargestellt: von einer Puppe sowie einer Schauspielerin, die sie trägt und mit ihr interagiert. Dazwischen bewegt sich der als Matrosenmannschaft gekleidete Minichor. Eine Gliederung der Handlung in zehn Szenen ermöglicht demjenigen, der Wagners Original nicht kennt, ein inhaltliches Folgen, das auch durch eine ausgefeilte Lichtregie und Projektionen erleichtert wird.
Am ungewöhnlichsten an der Interpretation der Oper ist der vollständige Verzicht auf stimmgewaltige Solosänger. Dadurch kommt dem einzelnen Musiker und seinem Instrument solistische Bedeutung zu, und das kleine Ensemble hat enorm zu tun, um wenigstens den Hauch eines Eindrucks der gewaltigen Musik Wagners zu vermitteln. Windmaschine, Donnerblech und Regentrommel unterstützen die Illusion von Wetter, Wellen und Wind.
Wer bei »De vliegende Hollander« einen Orignal-Wagner erwartet, der wird enttäuscht. Wer sich darauf einlässt, den Holländer-Stoff und einen Teil des musikalischen Materials in einer eigenständigen Inszenierung aufbereitet zu sehen, der wird von der flämischen Wanderbühne»Theater Taptoe« gekonnt und eigenwillig bedient.
Olaf Neumann: Jesus calls Prinz Rupi
Pastellkreide auf Ingrespapier 30 x 30 cm
Wie lässt sich bildende Kunst mit dem Internet verknüpfen? Viele Künstler haben versucht, mit Menschen, die sich nur über das Internet kennen, ein gemeinsames Projekt zu entwickeln.
Der auf Ibiza lebende Kunstmacher und Blogger Olaf Neumann hat mit Beginn des Jahres 2010 ein neues Projekt unter dem Namen »Schwarmkunst« ins Leben gerufen. Dabei geht es ihm darum, durch die Kreativität möglichst vieler Mitwirkender – seines Schwarms – zu neuen Kunstwerken zu kommen. Olaf benötigt für dieses Projekt Inspiration, Themen und Hilfe, damit Bilder entstehen, die ohne den Schwarm nicht möglich wären, und er lädt herzlich zur Mitwirkung ein.
Zum Projektstart möchte der mit starkem Bezug zur Comic-Kultur arbeitende Zeichner gerne Teile seines Schwarms abbilden. Dazu will er jeden Tag ein Porträt zeichnen, das in seinem Blog veröffentlicht wird.
Eines der herausragenden Projekte, das Olaf Neumann in den letzten Jahren geschaffen hat, war das »Bildprojekt 111«. Dabei setzte er sich ein Jahr lang täglich 111 Minuten lang kritisch mit den Schlagzeilen der BILD-Zeitung auseinander und verdichtete diese künstlerisch.
Mit dieser tagesaktuellen Arbeit erwies Neumann sich als Chronist seiner Zeit, der durch die selbst gewählte Beschränkung auf 111 Minuten teils vielschichtige, teils banale Themen zu einer eigenständigen künstlerischen Aussage komprimieren musste. Durch die Präsentation der Zeichnungen im Blog entwickelte sich eine tägliche Interaktion mit den Betrachtern, die das Gesamtkunstwerk beeinflusste. Im Ergebnis entstand ein Opus, das auch als Chronik eines Jahres zu sehen ist – ein Projekt, das sich im Dreieck von Tagesaktualität, Internet und Kunst bewegt.
Die Gedanken sind frei: Die entführten Kinder Bethlehems werden am Spreeufer geschlachtet
Dem zeitgenössischen Publikum wird bisweilen hart mitgespielt, doch es schluckt dankbar alles, denn es erhofft stets höheren Kunstgewinn. Darsteller bohren sich wechselseitig in der Nase und futtern ihre Popel, stinkende Socken werden durch dreckige Zehen gezogen und anschließend genüsslich beschnüffelt, Staatsopernsänger übergeben sich in den Orchestergraben oder simulieren epileptische Anfälle, und mangels geeigneter Geschlechtspartner wird bisweilen mit einem Brot kopuliert.
Eigentlich, so sollte man meinen, hat ein erfahrener Theatergänger alles durch, und es gibt kaum noch Steigerung. Insofern besucht er Bachs Weihnachtsoratorium in der vierstündigen Version von Novoflot im Berliner Radialsystem trotz kollegialer Warnungen ohne Arg und freut sich auf etwas einmalig Kunstsinniges. Fördert das Radialsystem doch nach eigenem Bekunden besonders »innovative künstlerische Projekte«.
Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach ist ein für die sechs Feiertage vor Weihnachten komponierte mehrstimmige Vokalmusik, die wesentlich aus Kantaten und Rezitativen besteht und in Jahresendstimmung von nahezu jeder Weihnachtslieder-CD »jauchzet, frohlocket«. In dem Oratorium wird die biblische Geschichte erzählt, und die Freude über die Menschwerdung Christi als Kern der christlichen Dogmatik beschworen. Auch für diejenigen Kunstfreunde, die wenig mit Gottglauben und Götzenkult anfangen können, gilt das Werk als makelloses Musikkunstwerk.
Doch wahre Kunst entfaltet sich wohl erst, wenn eine Komposition »im inszenatorischen Zugriff wie im Erlebnis ihrer Aufführung einem allgemeinen Gebrauch zurückgegeben« wird, um »ihren Gebrauchswert zuungunsten ihres künstlich-künstlerischen Mehrwerts entfalten« zu können. So begründet das Ensemble Novoflot ihre Version des »Weihnachtsoratoriums« und teilt dazu die Besucher in Gruppen ein, die unter der Devise »Geht hin und erkundet das Radialsystem« durch das ehemalige Wasserpumpenwerk am Spreeufer irren.
In mehreren Räumen und Etagen wird das gesamte Werk mit allen sechs Kantaten in einer eigenen Fassung für Sänger, Schauspieler, großen gemischten Chor, Knabenchor, Experimentalensemble und Orchester aufgeführt. Beteiligt sind mehr als 120 Künstler – das Architekturbüro Graft, die Free-Jazz-Formation Bauer 4, das Ensemble Kaleidoskop, der Karl Forster Chor und der Knabenchor Berlin. Großzügige Mittel der Bundeskulturstiftung und des eigentlich bankrotten Berliner Senats ermöglichen den Aufwand.
Eine Hundertschaft Zuschauer stapft durch ein enges Treppenhaus erst einmal auf die Dachterrasse des Radialsystems, um dort bei minus 13 Grad ein von der Decke hängendes Kleid zu bewundern. Dazu skandiert ein Kinderchor im Sprechfugato Heilsbotschaften. Immer wieder wird eines der Kinder gegriffen und davon geschleppt. Die Entführer sind allerdings keine bibbernden Zuschauer, es sind wohl Akteure, denn wenig später fährt auf der anderen Seite des Spreeufers ein Fahrzeug auf eine Industriebrache, Gestalten bewegen sich im Scheinwerferlicht, und jedem Besucher wird schlagartig klar: das sind natürlich die von Herodes entführten Kinder Bethlehems, die dort geschlachtet werden!
Erlösend öffnet sich eine Eisentür, und die Zuschauer drängen und rücken sich wieder in das Stiegenhaus, um einen nächsten Raum aufsuchen zu dürfen. Dort ist es stockfinster, nach eisigen Schweigeminuten stapelt ein Kinderdarsteller Pappkisten hinter einer schwarzen Zeltplane, während ein zweiter an einem Keyboard spielt. Der Kenner ahnt, dass es sich dabei um Versatzstücke aus Bachs Kantaten handelt, die von den Knaben in einer Art Kammerspiel verhackstückt werden. Das ist beachtlich!
Hungrig nach weiteren Kantaten lässt sich der Musikfreund in den nächsten Raum drängen. Hier erlebt er ein Highlight: in einer Art Betriebsweihnachtsfeier werden nicht nur imposante Folien über die Akkumulation des Kapitals an die Wand projiziert, es wird auch gesungen und musiziert. Für einen kurzen Augenblick scheint Bach zu Wort zu kommen, dann vertauschen die Sänger ihre Notenblätter und zerhacken die Rezitative. Ein Bass (Nils Cooper) bricht im Publikum zusammen, später spielt er mit lackierten Matroschka-Püppchen; der Tenor (Steffen Doberauer) bekommt einen Plüschteddy geschenkt und freut sich darüber; und die Sopranistin Bini Lee-Zauner wird mit einem Hackebeil beehrt, das sie bedeutungsschwanger schwingt.
Und wieder werden die mit derlei Symbolik beladenen Gäste der Inszenierung weiter gescheucht, dieses Mal stolpern sie in die Finsternis des Saals im Erdgeschoss. Hier gibt es praktische Plastikmülleimer, die umgestülpt als Hocker Verwendung finden, zwar sind gerade erst zwei der insgesamt vier Stunden vergangen, aber ein gelegentliches Ruhen, um den Genuss voll aufnehmen zu können, tut gut. Nach einer Weile reißt eine Schauspielerin das tiefe Schweigen auf, indem sie inhaltsschwere Texte skandiert: »Ich habe Scheiße in den Augen / Ich habe Scheiße im Herzen / Gott läuft aus / lacht / strahlt «.
Bald sorgt ein Free-Jazz-Posaunist mit schrägem Tröten für Abwechslung und ein hörbares Aufatmen des Publikums begrüßt eine Reihe von Akteuren, die den Saal betreten und mit Stirnlampen ein fahles Licht in die Vorgänge bringen. Lauthals singen sie und stürzen schon mit Kantaten aufeinander los, denn jede Gruppe singt eine eigene. Munter purzeln Töne und Melodien im Sängerkrieg der Weihnachtsboten als fallen Geschenke vom Himmel
Leider schon Pause! Pause, in der ein biblisches Linsengericht zur Stärkung gereicht wird, als solle dem Besucher das Recht auf Genuss damit abgekauft werden. Dann folgen die Zuschauer, die bislang noch nicht die Flucht in die Berliner Nacht gewagt haben, den Platzanweiserinnen zum zweiten Teil in die Halle des alten Pumpenwerks. Hier wird nun endlich frohlockt und gejauchzt, denn das Orchester samt der Chöre nehmen sich erkennbar der ersten drei Bach-Kantaten an. Doch bald wird auch hier mit der Illusion aufgeräumt, es gäbe nun als Entschädigung für stundenlanges Irren und Wirren Bach pur.
Das Bühnenbild als Kletterburg
Ein wildes Stühlerücken findet statt, und das Bühnenbild des durch seine Tätigkeit für den Schauspieler Brad Pitt bekannt gewordenen Architekturbüros Graft wird umher geschoben. Dabei handelt es sich um weiße Versatzstücke, die zusammengesetzt vielleicht die Anmutung einer Eisscholle ergeben sollen, jedenfalls rutschen die Sänger darauf munter umher, es wird immerhin ein Weihnachtsoratorium gegeben, das passt also jahreszeitlich ganz gut.
Kinderdarsteller poltern umher, sie versuchen sich in einer Art Breakdance-Parodie zu Bach; ein Flügel wird ins Bild geschoben, darüber klappt ein Pianist zusammen, zwei Posaunisten und ein Kontrabass begleiten seinen Zusammenbruch mit Free-Jazz-Kaskaden, die auch den letzten Schläfer wecken und aus dem Saal vertreiben.
Im Ergebnis wurde Bachs »Weihnachtsoratorium« zum Abgewöhnen gegeben. Manch ein Zuschauer dankte nach vier Stunden seinem Heiland, der ihm Mut und Kraft gab, die Vorstellung zu überstehen.
Rotkäppchen & Wolf
Mit viel Liebe und flinker Nadel gefertigt sind die Kuscheltiere von Nikoki. Jedes Stück ist ein Unikat, das bis ins Detail hinein ausgearbeitet ist.
Mein persönlicher Liebling ist ein Elefant (siehe Foto) als Hommage an die 50-er Jahre. Für Freunde des Details: Auf dem linken Arm trägt das Rüsseltier eine Martini-Tätowierung, deren Olive einen kleinen Streifen Paprika im Inneren hat.
Elefant im Martini-Design
Von ihren Plüschtieren trennt Nikoki sich ungern, weil sie ihr beim Zusammensticheln ans Herz gewachsen sind. Gefüllt mit Watte, die den Öko Tex Standard 100 erfüllt, ist das Kuscheln auch aus ökologischer Sicht ein Hochgenuss.
Nikokis flotte Viecher findet man auf alternativen Designermärkten wie Trend-Mafia, Holy.Shit.Shopping und Summer.Pop.Shopping.
Textile Lesezeichen
Über einen Online-Shop gelangen Nikokis Elefanten, Füchse, Eulen ebenso wie Rotkäppchen & Wolf, Matroschkas, textile Lesezeichen und Pins auch in den letzten Winkel der Welt.
Pierre, das Baguette
Von den vielen fleißigen Näherinnen, die seit einigen Jahren die alternativen Märkte fluten, ragt Nikoki als talentierte und in kreativer wie handwerklicher Hinsicht weit herausragende Nadelhandwerkerin weit hervor.
Füchschen Lisbeth
Moritz R. »Still Life With Wild Life«
Die geheimnisvolle polynesische Pop-Poesie der 50er Jahre, die Künstler aller Genres inspirierte, erlebt seit einiger Zeit ihre Wiederauferstehung. Teile der Popkultur schwelgen inzwischen im Tiki-Fieber und huldigen dem Südsee-Primitivismus. Neben Kunsthändlern, Sammlern und Museumsleuten sind Völkerkundler und Feldforscher der Moderne dabei, Spuren zu sichten und zu sichern, die von der Osterinsel über Hawaii bis nach Berlin erkennbar sind.
Wer sich näher mit dem Trend beschäftigen mag, findet noch bis zum 31.01.2010 in der Berliner Strychnin-Gallery vielschichtige Arbeiten einer international zusammen gesetzten »Tiki Art Group« zum Thema. Im Taschen-Verlag gibt es den ausgezeichneten Bildband »Tiki Modern« von Sven A. Kirsten als Restposten, und wer sich für »Tiki-Musik« interessiert, steuert meinen Heimathafen www.RuprechtFrieling.de und wird dort entsprechend musikalisch mit »Tabu« empfangen.
Elmer Presslee »Satan´s Scrapbook Page«
Sexy Tiki Ausstellungseröffnung in der Strychnin Gallery Berlin
Elmer Presslee »Larva´s Gone To Heaven«
Hai Kai »Saving The Pearl«
Auf der Bühne der Deutschen Oper Berlin geht es farbenprächtig zu: vor der Kulisse einer spanischen Stadt prallen ein Straßenkreuzer und ein Traktor mit gewaltigem Anhänger aufeinander. Dieser Anhänger wird zur Wanderbühne auf der Bühne und bildet das Wohnhaus der schönen Rosina ab, die dort unter den strengen Blicken ihres Vormunds haust.
Um diese innere Bühne herum wird fortan zweieinhalb Stunden lang gejuchzt und gejubelt. Neugierige Nonnen zwitschern umher, Hippies und Bänkelsänger musizieren, Soldaten paradieren, es blitzt, zischt und knallt. Heteros und Homos in Badekleidung herzen sich, eine tätowierte Nackte duscht, Kleinkindern werden derweil von besorgten Müttern die Augen zugehalten.
Über allem schwebt wie ein Irrwisch die Regisseurin durchs Bild, mal schwingt sie einen gewaltigen Hammer, mal streut sie aus einem Füllhorn Glimmer über das Bühnenvolk: Katharina Thalbach führt zum zweiten Mal Regie an der Deutschen Oper Berlin. Vor Jahren schuf sie dort mit Leos Janaceks Das schlaue Füchslein ein wundervolles Aufeinandertreffen von Schnecken, Würmern und Käfern, die am Bühnenvorhang zum Himmel empor krabbelten und im Försterwald einen Augenschmaus zelebrierten. Ähnlich lebendig präsentiert sie jetzt auch ihren Barbier von Sevilla“ als verschwenderisches Feuerwerk. Im Stil eines Broadway-Musicals geht es ihr offensichtlich weniger um Regiearbeit und die ausgefeilte Entwicklung der Charaktere als um viel Sinnenfreude beim Spielen, Singen und Musizieren.
Nun wird dieser Ansatz durch den Charakter der Opera Buffa unterstützt. Denn bei Rossini geht es Commedia-dell´arte-mäßig darum, ein hübsches Mädchen aus den Händen eines geldgierigen Greises zu reißen. Dazu tritt ein junger und schöner (natürlich blaublütiger) Verehrer auf, der sich mit Hilfe eines käuflichen Figaros (strahlt auf mich der Blitz des Goldes) in ihr Herz singt, um sie schließlich unter Mitwirkung eines bestechlichen Notars zu ehelichen. Der Stoff bietet damit ideale Voraussetzungen, um Thalbachs komödiantisches Talent voll zu entfalten, und die Spielfreude springt erkennbar auch in den Graben über, denn das Orchestern der Deutschen Oper unter Enrique Mazzola musiziert mit seltener Ausgelassenheit.
Der Barbier von Sevilla ist nun eine der wenigen Opern, die dem Bariton Gelegenheit gibt, sich voll zu entfalten. Markus Brück interpretiert den Schaum schlagenden Coiffeur bravourös. Lawrence Brownlee als Graf Almaviva, Verehrer der anmutigen Rosina (Jana Kurucová), spielt seine schwarze Hautfarbe als Vorteil aus und gibt den Galan als weltgewandtem Showstar mit weißem Anzug und Schlapphut, der es bei allem mimischen Talent jedoch stimmlich schwer über den Graben hinweg schafft.
Im Ergebnis ist Thalbachs Barbier von Sevilla“ ein anarchistisches Vergnügen, das in der ansonsten innovationsfeindlichen Deutschen Oper Berlin empörte Buhrufe der traditionellen Klientel ebenso provoziert wie Begeisterungsstürme derjenigen, die sich Neuerungen und Experimenten gegenüber aufgeschlossen zeigen.
(Diese Kritik bezieht sich nicht auf die Premiere sondern auf die Vorstellung vom 06.2.2009, da der Pressesprecher der Dt. Oper Berlin, Felix Schnieder-Henninger, sich ganz im Gegensatz zu anderen Opernhäusern betont ablehnend gegenüber neuen Medien wie dem Opern-Blog verhält.)
Laut Impressum erscheint das Jahrbuch für Autoren/Autorinnen zwar erst im November 2010, tatsächlich liegt es aber bereits ein Jahr früher vor, und das ist gut so.
Auf 800 Seiten haben die Herausgeber Gerhild Tieger und Manfred Plinke rund 3000 Adressen und Informationen für angehende Autoren gesammelt, die Hilfestellungen bei der Kontaktaufnahme mit Verlagen und der Verwirklichung des von vielen gehegten Wunsches, gedruckt zu werden, geben wollen.
Herausragend an dem Jahrbuch ist, dass nicht ausschließlich Adressen gesammelt wurden. Vielmehr sind die insgesamt zehn Kapitel des Kompendiums angereichert durch kurze Artikel und Betrachtungen. So beschreibt beispielsweise Thomas Hürlimann, wie er in einer Klosterschule im wahrsten Wortsinn zum Schriftsteller geschlagen wurde. Louise Doughty, die Kurse für kreatives Schreiben gibt, erinnert sich daran, wie es war, eine Schriftstellerin zu sein, die noch nichts veröffentlicht hat: Man beißt sich mehr schlecht als recht durch und kommt mit Leuten in Kontakt, die ausgesprochen abweisend sein können. Dies gilt wohl auch für etablierte Autoren, die gern vergessen, dass es einmal eine Zeit gab, in der noch nichts von ihnen erschienen war, und nun pauschal alle die Möchtegernschriftsteller verachten, die nach ihnen versuchen, sich gleichfalls zu etablieren.
Vor diesem Hintergrund macht das Jahrbuch Mut zur Kontaktaufnahme mit potentiellen Abnehmern und zum Manuskriptversand. Dazu bietet es eine enorme Fundgrube, indem es in den Bereichen Theater, Hörmedien, Film und TV, Autorenförderung und Buchmarkt wichtige Adressen sammelt. Eine Besonderheit dabei ist, diese Adressen mit Auskünften zu ergänzen, aus denen hervorgeht, ob und in welcher Form Manuskriptangebote erwünscht sind.
Diese Zusatzinformation ist von besonderer Bedeutung bei der Verlagsuche, entsprechend nehmen die Adressen der Buchverlage in Deutschland, Österreich und der Schweiz auch den größten Teil des 800 Seiten starken Branchenhandbuches in Beschlag. Ergänzend gibt es Tipps zur Manuskriptgestaltung, Empfehlungen für effektive Begleitbriefe, Muster-Exposés für Romane, Verhaltensregeln für den Umgang mit Literaturagenten und Hinweise auf die häufigsten Irrtümer beim Verlagsvertrag.
Vollkommen ausgespart hingegen werden in dem Kompendium die faszinierenden Möglichkeiten des Internets. Gerade das Web 2.0 bietet Autoren vielfältigste Chancen, ohne Einsatz von Geldmitteln zu einer eigenen Veröffentlichung zu kommen und damit sowohl das Betteln bei renommierten Verlagen wie das Bezahlen von Dienstleistungsunternehmen aller Couleur einzusparen. Darin liegt das qualitativ Neue an der Situation der letzten Jahre, die das Verhältnis von Autor und Verleger nicht nur kräftig aufmischt sondern in einem nie zuvor da gewesenen Maße verändert und streckenweise umkrempelt.
Gibt es also einen Kritikpunkt an der vorliegenden Ausgabe des Autoren-Jahrbuches, dann ist es dessen konservative Beschränkung auf die Welt des bedruckten Papiers und das Ignorieren der technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Wer indes im klassischen Buchmarkt sein Heil sucht, der wird mit dem Handbuch optimal bedient.
Gerhild Tieger & Manfred Plinke (Hrsg.)
Deutsches Jahrbuch für Autoren 2010/2011
Autorenhaus Verlag 2009 ISBN 978-3-86671-064-1
Hardcover 800 Seiten 29,90