Thomas Bernhard
Foto: © Nachlassverwaltung
Eins ist klar: Thomas Bernhard ist alles andere als ein Geschichtenzerstörer, mag er sich selbst auch mal in einem seiner gern provozierenden Interviews als ein solcher bezeichnet haben. Der schreibende Sonderling aus Oberösterreich ist vielmehr einer der größten Erzähler, die der deutsche Sprachraum aufzuweisen hat, und das beweist der vorliegende kleine Auswahlband mit dem provozierenden Titel anschaulich. HIER geht es weiter →
Von Generation zu Generation überlieferten unsere Vorväter mündlich die historischen Ereignisse um den legendären Drachentöter Siegfried und den Untergang der Burgunden. Vor rund 1000 Jahren wurde die Überlieferung unter dem Titel »Nibelungenlied« dann erstmals aufgeschrieben.
Seitdem hat das ursprünglich in mittelhochdeutscher Sprache verfasste Werk eine beispiellose Karriere gemacht: Der Stoff wurde zum Mythos, er floss in zahlreiche Romane und Filme ein. Richard Wagner schuf daraus seine vierteilige Oper »Der Ring des Nibelungen«; Fritz Lang setzte die Geschichte in zwei abendfüllenden Stummfilmen um.
Das Nibelungenlied wurde zum Nationalepos, die ihm beigemessene Bedeutung zeigte sich auch in repräsentativen Prachtausgaben, die heute noch die Herzen bibliophiler Sammler höher schlagen lassen. 1898 erteilte die Reichsdruckerei dem Maler und Grafiker Joseph Sattler den Auftrag, eine besonders prächtige Ausgabe zu gestalten. Diese sollte zu einem Meilenstein in der Geschichte der Buchkunst werden und liegt nun mit ihrem großartigen Vollbildern als verkleinerter, auszugsweiser Reprint vor.
Waren die früheren neuhochdeutschen Übertragungen von Oswald Marbach oder Karl Simrock eng an das Original angelehnt, letztere sogar im gleichen Reimschema gehalten, ist die vorliegende Ausgabe in Auszügen übersetzt und vollständig nacherzählt worden. Joachim Heinzle eröffnet damit die Möglichkeit, die von Mord und Todschlag strotzende Geschichte der Rache Kriemhilds an Hagen, dem Mörder ihres geliebten Siegfried, nachzuvollziehen und gleichzeitig einen ausgezeichneten Eindruck von den zahlreichen Schmuckelementen, Titelleisten, Vignetten, Zierstücke und Initialen, die Sattler schuf, zu bekommen.
Beibehalten wurde vom Herausgeber das Gliederungssystem in 39 kapitelartigen »Aventüren« genannte Abschnitte. So lässt sich die Geschichte der wunderschönen Prinzessin Kriemhild, ihrer Liebe zu dem jugendlichen Recken Siegfried, dessen Ermordung und ihre fürchterliche Rache an Hagen ausgezeichnet nachvollziehen. Ganz wesentlich bestimmt wird der Band aber durch die ganzseitigen farbigen Bilder, die Sattler geschaffen hat. Hier werden weniger Bilderbuchgermanen in historisierenden Kostümen gezeigt als eine von dichter und klarer Bildsprache geprägte künstlerische Nacherzählung, die dem Jugendstil verpflichtet ist.
Ein bildgewaltiger Einstieg für jeden, der sich mit dem Nibelungenlied beschäftigen möchte.
Joachim Heinzle (Hrsg.)
Die Nibelunge. Schrift, Vollbilder und Buchschmuck von Joseph Sattler
reprint Verlag Leipzig 2012
ISBN 978-3-8262-3036-3
Ich gestehe: Über Heino habe ich in den letzten Jahrzehnten viel gelästert und ihn mit seinen völkischen Liedern als Vorturner schwarzbrauner Hirnamputierter gesehen.
Nun höre ich erstmals, Simfy macht es möglich, eine vollständige Heino-CD. Bereits auf dem Cover gibt sich der 74-jährige kämpferisch.
»Mit freundlichen Grüßen« ist so etwas wie ein Angriff auf diejenigen Musikerkollegen, die Heino immer gern durch den Kakao ziehen und als Zielscheibe nutzen.
Süffisant covert der blonde Barde mit der dunklen Brille Songs von »Rammstein« bis zu den »Ärzten«, von »Fanta 4« bis zu Nena und Peter Fox. Dabei unterscheidet sich beispielsweise »Haus am See« von Peter Fox kaum vom Original. Das Stück bildet jedoch eine Ausnahme.
Wenn Heino etwa »Junge« von den »Ärzten« mit seiner markigen Stimme, unterstützt von Background-Sängerinnen, intoniert, dann wird aus diesem ursprünglich dreckigen Zombie-Song aus der Sicht eines Betroffenen ein Song aus der Perspektive des erzürnten Vaters. Ich würde mich nicht wundern, wenn diese Version bald in jeder Vorstadtkneipe dudelt, während der Gerstensaft sprudelt.
Bei Rammsteins »Sonne« lässt Heino das »R« derart rollen, dass die Originalmusiker sich eine Scheibe abschneiden könnten. Seine Interpretation kommt ohne wilden E-Gitarrensound und Metal-Look aus. Deutsche Härte und Stahlhelmstimmen werden auf das zusammengeschmolzen, was sie sind: Uniforme Marschmusik im Schlagerschritt.
Irgendwie ist das schaurig, denn Heino reduziert selbst undergroundige Kultsongs. Übrig bleibt purer Pop, sauber akzentuierte Deutschtümelei. Das vorliegende Album ist das Ergebnis eines Marketing-Konzepts, einige der beliebtesten deutschen Szene-Songs vom Schreckgespenst der deutschen Schlagerszene singen zu lassen. Die Fans der Originale werden empört schreien, während Heinos Kassen klingeln.
Dabei hätte ein Mann wie Heino es vielleicht sogar schaffen können, die Stücke zu intonieren, die ihn im Laufe der Jahrzehnte beeindruckt oder beeinflusst haben. Ähnlich hat es Johnny Cash in seinem beeindruckenden Spätwerk getan. Aber dafür fehlt dem schwarzbraunen Haselnussmann dann doch wohl das eigene Format.
Original
und Cover
Allein auf hoher See: Richard Parker und Pi Patel
Foto: ©Twentieth Century Fox
Wird in jüngerer Zeit kaum noch ein aufwändig produzierter Film gezeigt, der nicht in 3-D-Technik gedreht wurde und beim Betrachten das Tragen entsprechender Brillen mit Polfiltern verlangt, beschert uns das neue Jahr eine 125 Minuten lange Erzählung, bei der die Dreidimensionalität endlich einmal zur vollen Entfaltung kommt. »Life of Pi Schiffbruch mit Tiger« ist die kongeniale Umsetzung der gleichnamigen Romanvorlage, bei der die Technik endlich einmal so eingesetzt wird, dass der Zuschauer im wahrsten Sinne des Wortes den Tiger im Nacken spürt . HIER geht es weiter →
Mit Richard Wagners »Lohengrin« eröffnete die Mailänder Scala die Opernsaison Fotos: © W.R. Frieling
Von außen wirkt die Mailänder Scala eher unscheinbar und nicht unbedingt wie eines der bedeutendsten Opernhäuser der Welt. Doch von innen ist sie ein sechsstöckiges Raumwunder, das 2.300 Zuschauer fasst. Entsprechend viele Musikliebhaber drängten sich in die seit langem ausverkaufte Premiere von Wagners »Lohengrin«, mit der am 7. Dezember, dem Geburtstag des Schutzpatrons der Stadt, wie in jedem Jahr die diesjährige Opernsaison eröffnet wurde. Mit dem Dreiakter wurde gleichzeitig das Wagnerjahr 2013 eröffnet, in dem der 200. Geburtstag des Komponisten gefeiert wird. HIER geht es weiter →
Als quicklebendiger und kurzweiliger Crashkurs über den Beruf und die Tätigkeitsfelder des Dirigenten und seines Markenzeichens, des Taktstocks, versteht sich dieser mit viel Humor erarbeitete Dokumentarfilm von Michael Wende.
Um eine Antwort auf die Frage zu bekommen, was der Typ, der vor dem Orchester herumfuchtelt, eigentlich leistet und was ihn auszeichnet, begleitet der Autor und Regisseur backstage den Bamberger Gustav-Mahler-Dirigentenwettbeerb 2010 von der Vorstellung der Kandidaten bis zur finalen Entscheidung. Dabei erfährt der Zuschauer, dass Dirigieren eigentlich Übersetzen bedeutet.
Der Maestro übersetzt einerseits die Arbeit eines Komponisten für den einzelnen Musiker sowie für das gesamte Orchester. Andererseits versucht er, dem Publikum die jeweilige musikalische Welt zu erschließen. Insofern verwundert es kaum, dass ein besonders feinfühliger junger Nachwuchsdirigent den Wettbewerb gewinnt.
Der Film beleuchtet die Arbeit des Taktstockschwingers auf vielfältige Weise. Durch schnelle Schnitttechnik und den Einbau des Taktstock als freche Zeichentrickfigur erschließt sich dem Zuschauer die facettenreiche und schwierige Aufgabenstellung, die ein Dirigent zu bewältigen hat.
Enthüllt: Denkmal für Prinz Rupi
Von Dr. Karel Kaoß,
Kulturredaktion BLOGSDORFER ANZEIGER
Berlin (Eigenbericht). Im Park des Berliner Prinzenpalais wurde soeben eine lebensgroße Skulptur enthüllt, die der sächsische Bildhauer Knut van der Vinzburg zum 60. Geburtstag von Prinz Rupi geschaffen hat. Sie zeigt den Hausherrn als das, was er wirklich ist: ein Blechkamerad.
Der als »Bücherprinz« bekannte Autor und Verleger wird in dem Kunstwerk als Schreibender dargestellt. Neben dem Stuhl, auf dem er im Gehrock thront und mit spitzer Feder ein Buch schreibt, beflügelt ihn eine verschmitzt schauende Schneeeule. Auf dem rechten Fuß der feuerverzinkten Figur tanzt ein beschwipstes Wundertier, das der Künstler »PapaRupil« nennt. Die Skulptur wurde in der Schönbrunner Kunstschmiede Aurin aus getriebenem Blech gefertigt und mit Eisenglimmer veredelt.
Knut van der Vinzburg, der Schöpfer des Denkmals, erblickte 1964 in Dresden das Licht der Welt. Schon als Kind fiel sein Talent in einem Zeichenzirkel auf. Nach einer Ausbildung zum Kunstschlosser arbeitete er in der Denkmalpflege von Elbflorenz. 1988 gaben die DDR-Behörden seinem Ausreiseantrag nach Westberlin statt. Mit dem Meisterbrief in der Tasche kehrte er 1996 wieder nach Dresden zurück und arbeitet seitdem als freischaffender Maler, Kunstschmied, Restaurator und Metallgestalter.
Vinzburgs besonders Interesse gilt dem Surrealismus: »Der Surrealismus verschafft Zutritt in nie erreichbare Dimensionen und bringt mit seinen ausgemalten Phantasien einen unverwechselbaren Hauch der Realität«, meint der Farbvisionär, für dessen Werk expressive Farbgestaltung und ein deutlicher Drang zur geometrischen Form typisch sind.
Mehr über den Künstler findet sich auf folgender Seite: http://mal-kunst.de/
Zum 200. Geburtstag des Komponisten Richard Wagner entsteht eine vierteilige DVD-Serie seines Monumentalwerkes »Ring des Nibelungen« in einer genialen Adaption und Übersetzung von Stefan Kaminski.
In einem Making-of erzählen der König der Stimmenmorpher und sein Team, wie der erste Teil des Dramas um den magischen Ring entstand und inszeniert wird.
Die DVD wird Anfang 2013 erhältlich sein. Die Making-ofs der anderen Teile folgen an dieser Stelle. Ein Blog-Abonnement sichert rechtzeitige Information.
Nur einen Klick weit entfernt ist das Buch zum »Rheingold«. Für nur 0,99 erzählt Ruprecht Frieling, Produzent der DVD, den spannendsten Opernkrimi der Welt: KLICK MICH
Chris Karlden ist als Autor ein bislang unbeschriebenes Blatt. Der 41jährige Saarländer legt mit »Monströs« seinen Erstling vor und trifft damit gleich voll ins Schwarze. Aus dem Nichts schob der Self-Publisher seinen Psychothriller in die Top Ten von Amazons Bestenliste.
Ex-Anwalt Martin Waller wurde erpresst und verhalf damit einem Mörder zur Freiheit. Dafür stieg er aus der Welt der schwarzen Roben aus und baute sich eine neue Welt als Möbelrestaurator auf. Doch seine einstige Missetat soll sich rächen. Ihm auf den Fersen ist Eddie Kaltenbach. Der ehemalige Killer und sein bestialisches Alter Ego Raphael ziehen eine blutige Spur durch die Geschichte und lassen sich letztlich doch nur wie eine Marionette führen. Zwar hilft Ram, ein freakiger Hacker, Waller mit Recherchen. Und auch Selma, eine kühle Blondine, ist immer zur Stelle, wenn Waller Rat braucht. Doch all das reicht nicht aus, das Grauen abzuwenden, das ihn im Schneesturm in einem Zermatter Berghotel erwartet.
Karlden versteht es, seinen Leser schon mit wenigen Sätzen in Bann zu schlagen. Er weiß, was Cliffhanger sind und wie sie eingesetzt werden. Er versteht sich ganz offensichtlich auf Ängste und den Umgang mit ihnen. Er kennt die Technik des Spannungsbogens. Schließlich beherrscht er Orthographie und Zeichensetzung, woran viele Indie-Autoren bislang scheitern.
Kritisch einwenden lässt sich lediglich die Detailverliebtheit des Autors, die besonders bei Beschreibungen vom Örtlichkeiten überbordet, den Fluss der Geschichte aber nicht behindert. Er ließe sich auch einwenden, dass sehr viel Blut in kurzer Zeit fließt doch wer bestimmt das Maß? Den Lesern jedenfalls scheint es zu gefallen, sonst würde Karldens Psychothriller in den Hitparaden nicht direkt unter dem literarischen Müllhaufen „Shades of Grey“ auf Platz Zwei kleben. Hinzu kommt ein Superpreis von nur 99 Cent, für den der Self-Publisher immerhin Lesestoff im Umfang von umgerechnet knapp 300 Druckseiten liefert.
Wer Kopfkino für heiße Sommernächte braucht, wird mit diesem Roman erstklassig bedient. Ich wette, es dauert nicht lange, und der Stoff kommt tatsächlich in die Kinos.