Prinz Rupi im Zwiegespräch mit dem Weltenherrscher
Hallelujah! Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Er lenkt und Er leitet mich auf all meinen Wegen. Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn Er ist bei mir, Sein Stock und Sein Stab geben mir Zuversicht.
Boing!!! – Steht da doch ein dämlicher Laternenmast im Weg, und ich laufe voll dagegen. Dabei lenkt mich doch der Herr
Ich starre in mein neues JesusPhone, das mir den Weg weist, und da steht »In 40 Metern links abbiegen«. Ein Laternenpfahl ist allerdings nichts erwähnt, oder ist das vielleicht eine himmlische Prüfung für mein göttliches Navigationsgerät?
Der Herr stillt mein Verlangen; Er leitet mich auf rechten Pfaden, treu Seinem Namen. Seit ich mein neues Jesus-Telefon habe, komme ich in allen Lebenslagen sehr viel besser zurecht. Lange musste ich warten, bis die Rationierungsbehörde der Telekom mir den sprechenden Knochen zuteilte. Doch jetzt habe ich ihn, ich halte ihn in Händen, und der Zauber wirkt. Hallelujah! Der Herr hat mein Flehen erhört! Endlich zähle ich zum elitären Kreis der JesusPhone-Nutzer. Dieses rabenschwarze, viereckige Etwas ist meine neue Religion. Die Unwissenden nennen es zwar iPhone, wir Eingeweihten aber wissen: es ist ein JesusPhone, und es ist viel mehr als eine Religion. Es verkörpert das neue Universum!
Er lässt mich lagern auf grünen Auen, und Er führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Mein JesusPhone hat direkten Kontakt zu den Sternen, es weist mir den Weg und wurde mir schon aus diesem Grund im Handumdrehen zum unersetzlichen Begleiter auf der Schnitzeljagd durchs Leben. Ein eingebauter magischer Kompass erinnert mich an meine Zeit als Pfadfinder, an Eichenwälder und nächtliche Orientierungsmärsche. Das eingebaute GPS ortet zuverlässig meinen aktuellen Standort, wo immer ich mich auch gerade befinde. Jesus zeigt mir darauf das Straßennetz und führt mich zum Ziel meiner Wahl.
Er deckt mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde; Er salbt mein Haupt mit Öl, Er füllt mir reichlich den Becher. Habe ich Hunger, habe ich Durst, möchte ich ein paar neue Wanderstiefel kaufen oder quält mich ein anderes Bedürfnis, dann lässt das JesusPhone Manna vom Himmel regnen und zeigt mir, wo das nächste Café oder Restaurant ist oder wo es eine Ladenzeile gibt. Ich lese Bewertungen der Lokalitäten und kann selber welche hinzufügen. Ich rufe die Fahrpläne der nächsten S-Bahn auf, ich kann auf sämtliche Busfahrpläne dieser Erde zugreifen oder den nächsten Flieger ins Nirgendwo buchen. Mein JesusPhone ist allgegenwärtig, und es ist allmächtig, denn es gibt tausende verschiedener Anwendungen, die ich laden und nutzen kann. Ob es Sportergebnisse sind oder Aktienkurse, ob mich mein Kontostand oder das Wetter in Honolulu interessiert: mein JesusPhone weiß es und klärt mich in Sekundenschnelle auf. Möglich wird dies durch einen direkten Draht zum Himmel, durch den es ständig mit IHM verbunden ist.
Selbstverständlich kann ich mit dem neuen Zauberknochen auch telefonieren. Aber das kann man schließlich mit jedem Handy, und wer telefoniert heutzutage eigentlich noch? Mit dem JesusPhone kann ich fotografieren und filmen. Die bewegten und unbewegten Bilder kann ich sogleich auf YouTube oder in meinen Blogs veröffentlichen, damit die ganze Welt daran teilhaben kann, wo ich derzeit bin, was ich gerade esse oder gegen welche Laterne ich soeben gedonnert bin. Wunder über Wunder! Ich kann mein JesusPhone als Diktiergerät nutzen, und ich kann damit meine gesamte Musikbibliothek abspielen. Das Zauberding lässt mich elektronische Bücher lesen, und ich kann aktuelle Fernsehsendungen verfolgen. Ein Barcode-Scanner gibt mir die Möglichkeit, jedes beliebige Produkt in Sekundenschnelle zu erfassen, um dann im virtuellen Weltwarenlager nach dem günstigsten Preis zu suchen. Jesus lässt mich abenteuerliche Spiele testen, ich bekomme Kochrezepte, die mir das Wasser im Mund zusammen laufen lassen, ein Höhenmesser verrät mir, in welchen Wolken ich gerade schwebe
ach, alles ist einfach nur noch himmlisch mit meinem Jesus-Knochen.
Credo in unum deo. Ich glaube an den einen Gott, und dieser Gott hat sich in meinem JesusPhone materialisiert. Neben ihm dulde ich keine anderen Götter. Zwar wird von heidnischen Religionen versucht, auf den ersten Blick ähnliche Geräte ins Rennen zu bringen. Aber weder die Sektierer von PalmPre, noch die Priester vom Verein BlackBerry oder die Geister, die LG Prada und HTC Touch loben, können meinem iPhone das Wasser reichen. Denn nur das wahre JesusPhone verkörpert eine in sich geschlossene monotheistische Religion, die sich von keinem anderen Glauben bekehren lässt. Nur die Hohepriester, deren Logo ein angebissener Apfel ist, dienen dem wahren Gott.
Lediglich eine Kleinigkeit muss mein JesusPhone noch lernen: Wasser für eine Tasse Tee oder Kaffee kochen. Das wünsche ich mir von der nächsten Generation des Zauberknochens, die bestimmt nicht lange auf sich warten lässt und die Gemeinde darauf zu neuen Entzückensschreien entbrennen lassen wird. Oh Herr, sei mir gnädig, und liste meine E-Mail-Adresse in dem Verteiler derjenigen, die Du als Erste mit Informationen versorgst, wenn der Tag des Jüngsten Gerichts naht. Denn mit Dir sind die Macht und die Pracht und die Herrlichkeit. In Ewigkeit. Amen.
Als meine Großmutter 1952 einen monströsen Schwarzweißfernseher anschaffte, wurde sie zur Sensation des Städtchens. Die Nachbarschaft kam und bestaunte die sündhaft teure Flimmerkiste, von der es seinerzeit gerade mal 4.000 Stück in Deutschland gab. Zu festgelegten Zeiten meldete sich Studio Hamburg und schickte bewegte Bilder in die Wohnstuben. Der Siegeszug eines Massenmediums begann, und meine Oma trug die Fahne voran. Heute würden wir die Gute wohl einen »Early Adopter« nennen und sie damit als Menschen bezeichnen, der technisch die Nase weit vorn hat. HIER geht es weiter →