Einen musikalischen Eindruck vom philharmonischen „Sängerkrieg“ gibt es auf meinem YouTube-Video. Im Hintergrund brummt der Berichterstatter mit
Jahr für Jahr findet in Obereidorf ein bedeutsamer Sängerkrieg statt: die Heidehasen treffen sich und tragen Lieder vor, die sie selbst getextet und komponiert haben. Doch in diesem Jahr gibt es etwas Besonderes: Denn Lamprecht VII., König der Hasen und Karnickel, möchte seine Tochter mit dem besten Sänger vermählen und damit seinen Nachfolger bestimmen.
Besonderes interessiert an einem glatten Wahlsieg ist Musikdirektor Wackelohr. Mit hunderttausend Hasentalern versichert er sich der Unterstützung des Ministers für Hasengesang. Doch unerwartet tritt ein ernst zu nehmender Konkurrent auf, und der heißt Lodengrün. Damit dieser Erfolg versprechende junge Hase seinen Auftritt verpasst und gar nicht erst zum Sängerstreit antritt, verstellt Wackelohr dessen Uhr. So verschläft Lodengrün den Beginn des Wettstreits. Er steht viel zu spät auf und hoppelt zum Festplatz, verzweifelt eine Hasenarie singend: Als ich heute früh erwachte, fand ich meine Uhr verstellt
– Ob Lodengrün es rechtzeitig schafft, den Sängerkrieg der Heidehasen und damit als Obereidorfs Superhase die Prinzessin zu gewinnen?
Der Sängerkrieg der Heidehasen, über den ich an anderer Stelle schon ausführlich geschrieben habe, ist ein Hörspiel nach dem Buch des Helgoländer Autors James Krüss mit der Musik von Rolf Wilhelm. Das 1952 vom Bayerischen Rundfunk produzierte Hörspiel prägte bundesdeutsche Nachkriegskinder und ist manchem Silberschopf noch in bester klingender Erinnerung. Es gab mehrere Versuche, den Stoff für Puppenkisten und Musicalbühnen aufzubereiten, doch das Original blieb bislang unerreicht und sollte schon aus diesem Grunde in keiner Musiksammlung fehlen.
Die Berliner Philharmoniker stellten sich also einer besonderen Herausforderung, als sie unterstützt von Schülern der Rixdorfer Grundschule aus Neukölln als Chor das märchenhafte Singspiel als erheiterndes Vergnügen für Klein und Groß gestalteten und gleichzeitig daraus ein Lehrstück über den Musikbetrieb entwickelten.
Posaunist Thomas Leyendecker stellte dazu ein Salonorchester aus Philharmonikern zusammen, das mit enormer Spielfreude, spürbarer Begeisterung für den Stoff und ausstaffiert mit Hasenohren auf der Bühne des ausverkauften Berliner Kammermusiksaals brillierte. Dabei wurde vor allem der parodistische Ansatz der Hasenoper herausgearbeitet. Der Sängerkrieg der Heidehasen bezieht sich nämlich gedanklich auf Richard Wagners Sängerkrieg auf der Wartburg im Tannhäuser sowie auf Die Meistersinger von Nürnberg. Sogar der Name Lodengrün spielt auf Wagners Wunderwerke und seinen Lohengrin an.
Musikalisch löste Leyendecker dies elegant: er verwob beispielsweise Wagners Vorspiel zum ersten Aufzug der Meistersänger mit der Lodengrün-Fanfare und verwendete auch zahlreiche andere Zitate aus Wagners Werken. Insofern verknüpfte er echte Opernmusik mit den Schlagern der Hasenoper, die vom begeisterten Publikum vielstimmig mitgeschunkelt wurden.
Die handelnden Figuren wurden instrumental durch Solisten repräsentiert. Trompeter Guillaume André Jehl gab humorvoll den Heidehasen Lodengrün, der bereits beim Vorspiel mit dem Allegro von Joseph Haydns Trompetenkonzert Es-Dur das Publikum zu Beifallsstürmen hinriss. Cellistin Rachel Helleur verkörperte eine Prinzessin, um die wohl jeder Hase zwischen Feld und Heide stürmisch ringen würde. Klarinettist Alexander Bader verkörperte einen würdevollen Hasenkönig, der sich spielerisch Achtung verschaffte, und auch alle anderen Musiker glänzten spielerisch wie mimisch.
PS. Seit Jahren bin ich nicht mehr so erfüllt und freudig aus der Berliner Philharmonie gegangen. Ich hoffe, dass es zu weiteren Aufführungen vom Sängerkrieg der Heidehasen kommt, und ich wünsche mir, die Inszenierung möge auf DVD erscheinen. Allen, die gern singen und lachen, sei zudem die historische Originalaufnahme der grasgrün-frischen Hasenoper ans Herz gelegt.
In dem Reich der Heidehasen gibt´s schon viele Jahre lang / den Musikverein zur Pflege von Konzert und von Gesang / dort singt jeder mit Begeisterung im gemischten Hasenchor / und den Taktstock führt seit langem Herr Direktor Wackelohr.
Mit diesem Lied beginnt eine der größten Freuden, die sich große und kleine Musikfreunde zum Osterfest bescheren können. »Der Sängerkrieg der Heidehasen« ist ein von James Krüss geschriebenes einzigartig frisches und humoriges Stück Musiktheater.
Jedes Jahr im warmen Sommer wird das Singen sehr publik / denn dann gibt´s im Hasenreiche den berühmten Sängerkrieg. / Wer wird siegen, wer wird diesmal wohl der beste Sänger sein? / Passt fein auf und spitzt die Ohren: gleich fällt die Trompete ein.
In diesem Jahr gibt Lamprecht VI., König der Hasen und Karnickel, bekannt, dass seine Tochter den besten Sänger im Hasenheidenreich zur Frau bekommen soll. Direktor Wackelohr möchte unbedingt gewinnen und schließt mit dem Minister für Hasengesang einen Vertrag, wonach dieser für hunderttausend Hasentaler die Entscheidung der königlichen Familie zu seinen Gunsten beeinflussen will. Doch da tritt ein junges Talent auf: der Hase Lodengrün.
Mit Intrigen versuchen Direktor und Minister, Lodengrüns Teilnahme am Sängerkrieg zu verhindern und verstellen die Sonnenuhr an seinem Bau. In letzter Sekunde erwacht Lodengrün und hoppelt durch den Wald, um das Sängerfest noch zu erreichen. »Als ich heute früh erwachte, fand ich meine Uhr verstellt«, singt er dabei aus vollem Hasenherzen und versucht mit letzter Kraft, den Festplatz zu erreichen
Der aus Helgoland stammende James Krüss schrieb Hörspiele für Kinder und gemeinsam mit dem Dichter Peter Hacks Kindergedichte. 1956 erschien sein erstes Kinderbuch »Der Leuchtturm auf den Hummerklippen«. Sein Buch »Timm Thaler« wurde als Fernsehserie verfilmt. Bekannt ist auch seine Serie »James Tierleben« mit Suzanne Doucet und Hans Clarin. Der »Sängerkrieg« entstand 1952.
Die Musicalfassung entstammt der Feder des Komponisten Christian Bruhn. Bruhn war einer der bekanntesten deutschen Schlagerkomponisten der Nachkriegsgeschichte. Cinderella-Baby (für Drafi Deutscher), Küsse unterm Regenbogen (für Manuela), Liebeskummer lohnt sich nicht (für Siw Malmkvist), Siebentausend Rinder (für Peter Hinnen), Wärst Du doch in Düsseldorf geblieben (für Dorthe), Wunder gibt es immer wieder (für Katja Ebstein) und Zwei kleine Italiener (für Conny Froboess) zählen zu seinen zahlreichen Hits.
Berühmt wurde »Der Sängerkrieg der Heidehasen« als Hörspiel, das der Bayerische Rundfunk 1952 mit Franz Muxeneder und Charles Regnier in den Hauptrollen und Musik von Rolf Wilhelm produzierte. Das Hörspiel ist als Buch und auf CD erhältlich und sollte in keinem Haushalt mit Kindern fehlen. Sänger ist Klaus Havenstein, der im bundesdeutschen Nachmittagsfernsehen eine bedeutende Rolle spielte.
Auf der Bühne wird der »Sängerkrieg« leider viel zu selten aufgeführt. Hier berichte ich über eine Aufführung in der Berliner Philharmonie.