Am Wochenende landete ich in Sachsen. Das ist das Bundesland, dem spitze Zungen besondere Rechtslastigkeit nachsagen. Tatsache ist, dass es dort kein Dorf und keine Gemeinde gibt, in der die NPD weniger als fünf Prozent Stimmvieh um sich versammelt hat. Von verschiedenen Seiten wurde ich nun mit wissendem, leicht süffisantem Lächeln darauf hingewiesen, dass am 20. April »Führers Geburtstag« sei.
Warum ist der älteren Generation der 20. April als Führergeburtstag so stark in Fleisch und Blut übergegangen? Ist es der tägliche Faschismus, der in vielen nistet?
Die Antwort ist profan: Der Größte Feldherr aller Zeiten (GröFaZ) hatte sich selbst zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt und den Tag als schulfrei erklärt. Mit viel Tamtam und Trara, mit Hetzreden und Naziliedern wurde lautstark gefeiert. Dabei wurde unter den Teppich gekehrt, dass der arbeitsscheue Kümmerling aus Braunau ein jämmerlicher Sitzenbleiber und Schulversager war, der nur mühsam eine Halbbildung inhalierte, aus der er sich sein krankes Weltbild schneiderte.
Am Vorabend des Führergeburtstages wurden jährlich im ganzen Deutschen Reich Jugendliche feierlich in die Hitler-Jugend aufgenommen. Aus diesen Gründen pflanzte sich der Termin bei jungen Menschen tief in die Köpfe. Heute sind die Hitlerjungen von damals alte Herren und immer noch gedenken einige von ihnen dieses »besonderen« Tages.
Mit Grausen erinnere ich mich in diesem Zusammenhang an Besuche der Bayreuther Festspiele, wo betagte Smokingträger Richard Wagners Weihetempel betraten und sich in Richtung »Führerloge« verbeugten. (Das ist der Platz, wo der unmusikalische Diktator sich der mächtigsten Musik der Geschichte der Tonkunst hingab.)
Der Generation unserer Urgroßeltern war übrigens der 27. Januar heilig. Das war der Geburtstag des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., und auch zu diesem Anlass durfte offiziell die Schule geschwänzt werden.
Heute sollten wir den 20. April nutzen, um an die Verbrechen des Hitler-Regimes zu erinnern. Der Ungeist der Nazis kriecht leider immer wieder durch deutsche Köpfe (das ist der Ort, wo bei gesunden Menschen das Denksystem beheimatet sein sollte). Auch in den sozialen Medien agieren bekennende Nationalsozialisten und Leute, die sich für die Blut-und-Boden-Ideologie stark machen.
Es liegt an uns, den Anfängen zu wehren. Von außen oder gar von Politikern ist keine Hilfe zu erwarten. Meine Forderung zum Tag lautet deshalb: Verschrottungsprämie für Hitleristen!