Hurra! Es gibt wieder Klopapier!
Von Prinz Rupi
Hurra! Es regnet wieder Klopapier. Turmhoch stapeln sich in den Regalen der Supermärkte die weißen Rollen. Damit wird deutlich: Das mordlustige Corona-Virus hat sich augenscheinlich zurückgezogen. Das böse Virus hat sich vielleicht sogar ergeben oder belauert das Geschehen aus den Augen der Infizierten. Doch wen interessiert jetzt noch ein unsichtbares Virus? Wir sind Deutschland. Wir haben wieder Arschtapete im Überfluss.
So lange Deutschland genügend Klopapier hat, sind wir Weltmacht! Szene aus dem DEFA-Film »Der Untertan« von Wolfgang Staudte aus dem Jahre 1951 nach dem gleichnamigen Buch von Heinrich Mann mit Wolfgang Peters in der Rolle des Diederich Heßling
Massig Klopapier belegt vordergründig: Der Mensch scheint als Sieger aus dem bisher schnellsten Viren-Blitzkrieg der Weltgeschichte hervorzugehen. Als sichtbarer Beweis dient der erste Indikator der Corona-Krise, das Vorzeichen des Mangels und wirtschaftlichen Stillstands: das Toilettenpapier.
Zu wilden Schlachten und Schlägereien war es gekommen, als die Bestände des weißen Zellstoffes vor Wochen schlagartig abebbten. Das Wort KRISE wurde mit scharlachroten Buchstaben in die Hirne der Menschen geschrieben. Über Nacht war der Einzelhandel leergefegt, das Abendland machte sich in allen Medien ernste Gedanken, wie es künftig wohl seine Rosette säubern sollte. Die Auswüchse der schlagartig einsetzenden Hamsterkäufe wurden vor allem beim Toiletten- und Küchenpapier sofort spürbar. Regale der Kaufhallen und Zwischenlager waren schon leergefegt, bevor Reinigungsmittel und Nudeln in die Warenkörbe gestapelt wurden.
Manch einer wähnte sich bereits auf dem Schwarzmarkt, wo er Klopapier gegen Brot und Milch tauschen wollte. Andere wiederum sprachen vom »weißen Gold« und einer neuen Währung. Makler überreichten Häuslebauern und Wohnungskäufern ein paar Blätter Toilettenpapier zum Abschluss des Kaufvertrages. Grell wehte ein Hauch von Irrsinn durch die Lüfte.
Nun ist die große Schmach vorbei. Wir müssen nicht länger darüber nachdenken, ob auch bedrucktes Zeitungspapier mit den Nachrichten von gestern für unseren Allerwertesten geeignet ist oder ob wir es machen sollten wie die armen Schlucker dieser Erde, die Wasser und ein paar Pflanzenstängel benutzen. Unsere Welt ist wieder in Ordnung. Wir dürfen aufatmen. Endlich können wir wieder gepflegt dem täglichen Geschäft in der Oase der Stille nachgehen und uns danach den Allerwertesten in gewohnter Manier abwischen.
Herz, was willst du mehr!
Kunst mit Klopapier
Als Hommage an den Maler Gerhard Richter schuf ich während der klopapierknappen Schreckenszeit eine Bildreihe mit Erinnerungen an den geliebten Zellstoff.
Abbildungen: © Sammlung Frieling
Schnell, schnell, schnell! Jetzt massenhaft Klopapier hamstern und einbunkern, bevor die zweite Welle zuschlägt und gute Börsenpapiere zum A*abwischen ausgehen!
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