Treffen in Kassel: Hannes Wader hat große Pläne
Pünktlich rollt ICE 597 zur Mittagsstunde in Kassel-Wilhelmshöhe ein. Wie ein Fels in der Brandung steht Liedermacher Hannes Wader bei 15 Minusgraden in der Bahnhofshalle, um seine Berliner Freunde zu begrüßen. Eine herzliche Umarmung, dann geht es zum gemeinsamen Essen. Mehr als vier Stunden dauert das frugale Mahl, das in einem Café in der Innenstadt von Kassel endet. Draußen rieselt der Schnee, und die Zeit vergeht wie im Fluge, wenn der deutsche Johnny Cash von seinen nächsten Plänen erzählt.
In diesem Jahr unternimmt Hannes Wader wieder vier große Tourneen. Die Frühjahrstournee beginnt am 9. Februar in Soest und endet nach 17 Gigs am 19. März in Mainz. Begleitet wird er dabei von einem Veranstaltungsleiter und seinem Tonmeister, Chef-Roadie und Produzenten Ben Ahrens, ein ähnlich unverwüstlich-verlässliches Urgestein wie der Liedermacher selbst. Wie immer wird Hannes Wader die Konzerte mit seinem Lied „Heute hier, morgen dort“ beginnen, von ihm ins Deutsche übersetzte klassische Folksongs singen und brandneue selbst verfasste und vertonte Lieder vortragen. Einer dieser neuen Songs ist Waders Nachruf auf seinen kürzlich verstorbenen Freund Franz-Josef Degenhardt, den er erstmals am 19.12.2011 auf der Gedenkfeier im Berliner Ensemble öffentlich präsentierte.
Der Mann, der diese kraftzehrende Leistung des heute hier und morgen dort Auftretens absolviert, begeht am 23. Juni 2012 seinen 70. Geburtstag. An großen Feiern und Ehrungen ist ihm nicht gelegen, er entspannt mit seiner sympathischen Frau Cordula ein paar Tage in Paris. Seine Fans dürfen sich freuen: Hannes Wader arbeitet an einer neuen CD, die rechtzeitig zu seinem Ehrentag erscheinen wird. Darauf werden sich zwölf neue, bislang unveröffentlichte Titel finden, von denen einer vom Älterwerden und Tod handelt. Dass es sich dabei um keine jammernde Elegie handelt, ist jedem Wader-Liebhaber klar. Der Liedermacher wird vielmehr mit der ihm eigenen trocken-schwarzen Ironie auch die eigene Lebenswirklichkeit immer wieder kritisch in Zweifel ziehen und persiflieren.
Die neue CD, es ist der 35. Tonträger des Künstlers, erscheint auf dem Mercury Label von Universal Music. Wader, der im Laufe seiner Karriere immer wieder Bauchschmerzen im Umgang mit Plattenfirmen hatte, hat sich entschlossen, mit dem Label einen langfristigen Vertrag einzugehen, um noch mehr Menschen mit seiner Musik bekannt machen zu können. Christian Kellersmann, Chef von Universal Music Jazz und Classic, ist jedenfalls zum überzeugten Wader-Fan geworden und unterstützt den Künstler und sein Projekt.
Hannes Wader ist eine deutsche Legende mit einem ähnlichem Status wie Johnny Cash. So sieht es das Berliner Stadtmagazin tip, das einen Artikel mit „Unser Cash“ übertitelte. Unbeugsam widmet er sich seit fast einem halben Jahrhundert dem deutschen Volks- und Arbeiterlied. Seine Songs sind Klassiker. Sein bissiger Humor ist unübertroffen. Seine Lieder werden inzwischen von jungen Musikern aufgegriffen, neu arrangiert und einem Publikum vorgetragen, das bisher erst wenig über die singende westfälische Eiche weiß. Wader hat sich im Wechselbad der Zeiten weder von den Flügelkämpfen der Linken noch von Wendehälsen verbiegen lassen. Das „Mann-mit-Gitarre-Monument“ zieht sein eigenes Ding durch, und genau das verdient Respekt. Sein Publikum ist ihm seit 1968 treu gefolgt. Dies garantiert, dass seine Konzerte fast immer ausverkauft sind und seine CDs millionenfach abgesetzt wurden.
In den Kinos läuft derzeit auch der ab Mai auf DVD erhältliche Dokumentarfilm „Wader Wecker Vaterland“. Wader, der nachdenklich-introvertierte deutsche Protestsänger, die Legende von Ostermarsch, Anti-Vietnam-Kampagnen, Friedensdemos, Anti-AKW-Bewegung bis hin zur aktuellen Attac-Aktionen wird dem Zuschauer darin auf berührend-persönliche Weise nahegebracht. Der Streifen erhielt inzwischen den Publikumspreis des Filmfests München.
Die Zeit unseres Gesprächs vergeht wie im Fluge. Zum Abschluß sprechen wir über die aktuelle politische Situation: »Hannes, magst Du einen Song über diesen unsäglichen Bundespräsidenten Wulff schreiben«? Wader lacht: »Bis ich den Song fertig habe, ist der Typ weg vom Fenster und keiner kennt mehr seinen Namen«.
Recht hat der weißbärtige Sänger mit den verschmitzt lachenden Augen. Die Politik kommt und geht, nur die Kunst bleibt über den Tag hinaus bestehen.
1971 hörte ich meine ersten Wadersongs. „Früher lief hier einer rum, es ist schon viel zu lange her, einer den sie Charlie nannten, viele wissen es nicht mehr…“.
Seitdem besuchte ich immer wieder Konzerte dieses ausgezeichneten Sängers und Musikers. Er ist einer der bedeutendsten Barden hierzulande. Ich hoffe, er bleibt uns noch lange als Musiker erhalten.
danke für diesen interessanten einblick in die aktuellen pläne von hannes wader! werde mir auch die neueste cd zulegen, bin schon gespannt. höre waders lieder seit seiner zeit mit monika.
immer wieder erfrischend! z.b. hier:
http://tomthecats.blog.de/2009/04/26/hannes-wader-laeuft-amok-6010124/
was du schreibst stimmt wirklich:
„Sein Publikum ist ihm seit 1968 treu gefolgt. Dies garantiert, dass seine Konzerte fast immer ausverkauft sind und seine CDs millionenfach abgesetzt wurden.“
aber: im radio so gut wie nie zu hören! und das ist eine schande…
„Charly“, ein wunderbarer Song!
Bei den Radiosendern steht Wader im „Giftschrank“. Von Zensur kann natürlich keine Rede sein
Dank für den Link auf den „Tankerkönig“-Text.
kann ich mir gut vorstellen!
das thema „die giftschränke des deutschen radios“ wäre auch mal einen blogeintrag wert…
Ein schöner Bericht, vor allem auch der Satz, dass …am Ende die Kunst bestehen werde, gefällt mir besonders!
Auf den Film bin ich gespannt.
Danke Rupi
Er ist für das breite Publikum (leider) nicht ganz so zugänglich wie Reinhard Mey, aber die beiden halten die Standarte vom Land der Dichter & Denker seit Jahren oben
Ich habe die „schwarzen Listen“ der Springer-Presse als Schreiberling erlebt und ich erinnere mich gut an Kulturredakteure, mit denen ich bekannt war und ihr Achselzucken: „Du weißt ja, dass ich Deine Artikel gern drucken würde, aber ich darf nicht “
Die DVD ist H I E R vorbestellbar.
Die beiden sind seit Jahrzehnten befreundet und haben viele gemeinsame Auftritte bestritten. Ich verweise mal auf mein Video http://youtu.be/RpZxYtOJIn0
und dann hast du dich selbstständig gemacht, oder?
Ich habe mein eigenes Ding gemacht und bin im Ergebnis dafür vom Leben reich beschenkt worden. Verbiegen lasse ich mich nicht, und meine Gesinnung ist nicht käuflich. An dieser Grundposition hat sich seit 1968 nichts geändert.
jawoll!
läuft bei mir genau so!
Ach schade, zu uns in die Nähe kommt er leider nicht.
Für Wader lohnt sich auch eine kleine Reise.
naja, die kürzeste Strecke wäre mit Glück in 3 Stunden zu schaffen 😉
Schön, dass er weitermacht und auch eine neue CD kommt, darauf freue ich mich schon.
Ein Treffen zweier westfälischer Eichen, nicht schlecht…;)
Ein kleiner Eichenhain 🙂
Bei uns isser umme Ecke 🙂
ich muss gleich mal gucken, ob das terminlich bei uns geht.
Auf jeden Fall wünsche ich mächtig viel Erfolg, nicht nur in Zahlen ausgedrückt – er möge viele Menschen erreichen und nachdenklich machen.
Danke für den Einblick in die Welt der westfälischen Eichen…. 😉
Falls es bei Euch klappt erwarte ich einen minutiösen Konzertbericht 😉
Aber klar 🙂 hier und in den Passagen !
ich muss terminlich was schieben, muss ich mal gucken diese Tage, ob das klappt. Ich würd schon gerne.
Sonst kommst Du am Sonnabend nach Berlin in die UdK – ist doch nur ein „Katzensprung“ von Röcklinghuusen.
😉
Klar – nur kurz die Warschauer Allee runter…. 😉
Wenn Du morgen früh losfährst, kannst Du es schaffen 😉
Aber knapp. Wir haben hier derzeit schon mehr als ein Tagebruch-Problem…. der Pott spaltet sich. Von ganz alleine….
Schau hinab: Vielleicht wird das Nibelungengold sichtbar!
Eine neue Boygroup, COOL…!!!!!!!
🙂
Wir lassen nichts anbrennen 😉
Im Gegensazu zu den „jungen Hüpfern“ ……
🙂
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