Ein labyrinthisches Ränkespiel zwischen Wahn und Wirklichkeit präsentiert die inzwischen in fünfter Staffel vorliegende US-Serie »Homeland«. Rahmenhandlung ist der sogenannte Krieg gegen den Terror, der in den USA von Geheimdiensten und Antiterroreinheiten geführt wird.
Ausgangspunkt ist die Rückkehr eines für tot erklärten US-Marines, der acht Jahren in Al-Kaida-Isolationshaft verbrachte und dort gefoltert und misshandelt wurde. Sgt. Nicholas Brody (Damian Lewis) steht plötzlich als Kriegsheld vor der Tür seiner Familie, die ihn Jahre zuvor aufgegeben hat und nun in erhebliche Probleme sozialer und psychologischer Art kommt.
Aber auch die »Dienste« interessieren sich lebhaft für den Heimkehrer. Carrie Mathison (Claire Danes in grandioser Charakterrolle), eine manische CIA-Agentin, glaubt in ihm nämlich einen umgedrehten Spion entdeckt zu haben und steigert sich mit voller Intensität in diese Überzeugung. Sie sieht in Brody einen »Schläfer« und überwacht ihn illegal, wobei sie von ihrem Vorgesetzten Saul (Mandy Patinkin) als väterlicher Freund unterstützt wird. Um an Informationen zu kommen, setzt sie sich schließlich selbst als Honigfalle ein.
Vor dem Hintergrund eines inzwischen paranoiden Amerikas entspinnt sich nun ein labyrinthisches Ränkespiel. Dabei wird mit der ständigen Angst des intellektuell füsilierten US-Publikums gespielt, wonach auch in dem stärksten Marine eine willenlose Kampfmaschine steckt, die umgedreht werden könne.
Gut und Böse sind bei »Homeland« nicht immer klar zu unterscheiden. Auf der einen Seite finden sich psychisch kranke Heimatverteidiger und skrupellose Politiker, die Massenmorde vertuschen, um ihre waffenstarrenden Pläne durchzuboxen. Auf der anderen Seite finden sich Zielpersonen, deren Kinder ermordet werden und die auf (verständliche) Rache sinnen. Angesichts der Verbrechen der US-Regierung im Irak (wie in vielen anderen Ländern) entsteht deshalb durchaus klammheimliche Freude, wenn sich der Protagonist im zwölften Teil der ersten Staffel in Stauffenberg-Manier in die Höhle des Löwen schleicht, um die schlimmsten Übertäter zu erledigen. Nur irgendwie schade, dass der Zünder klemmt …
Mit fassungslosem Staunen erlebt man Einblicke in ein paralysiertes Amerika, in dem CIA-Leute selbstgerecht und ohne mit der Wimper zu zucken, die Verfassung ignorieren und trotz des eindeutigen Verfassungsauftrages auch im Land selbst tätig werden. Menschen werden unter Druck gesetzt, in ihren Schwächen ausgenutzt, »umgedreht« und wie heiße Kartoffeln fallengelassen. Der Wert des Individuums tendiert gegen Null. NSA und TTIP lassen grüßen!
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