Zum Self-Publishing-Day 2017 trafen sich rund 200 Teilnehmer am 10. Juni in Hamburg. Darunter waren Autorinnen und Autoren, die sich schon von anderen Events kannten, mehr als die Hälfte der Teilnehmer nahm jedoch erstmalig an einer Veranstaltung teil, bei der sich alles um den Autor drehte. Ein Teilnehmer reiste eigens aus Hongkong an, zwei kamen aus Norwegen, die anderen strömten aus allen Teilen der Bundesrepublik, aus Österreich und der Schweiz zusammen. Sie alle erlebten einen Tag mit intensiven Vorträgen und Workshops, der am Abend in einem amüsanten „Autoren-Grillen“ mündete.
Besichtigung bei BoD am Vorabend des Self-Publishing-Day 2017
Bereits am Vorabend hatte mit der Firma BoD einer der ältesten deutschen Vorreiter im Self-Publishing zu einer Besichtigung ihrer Betriebsstätte eingeladen. BoD produziert durchschnittlich 12.000 Bücher pro Tag, in Spitzenzeiten können es bis zu 25.000 Exemplare werden. Die Jahresleistung des Unternehmens liegt mittlerweile bei vier Millionen Büchern in meist sehr kleinen Auflagen zwischen ein und neun Exemplaren.
Stolz führte Geschäftsführer Dr. Gerd Robertz die derzeit einzigen in Europa arbeitenden Hunkeler-Rollendruckmaschinen vor, die on demand drucken können. Beim neuesten Modell wird eine elf Kilometer lange Papierrolle in einem Arbeitsgang beidseitig bedruckt. Im Anschluss werden die Blätter geschnitten, zum Buchblock zusammengetragen und mit einem in einer anderen Maschine gedruckten 200-g-Farb-Umschlag verheiratet. BoD druckt Bücher bis 1.200 Seiten Umfang. Mit hohem handwerklichen Anteil werden auch Hardcover mit Kaptal- und Leseband gefertigt.
Das auf den Fachmann mitunter chaotisch wirkende Nebeneinander verschiedener Maschinen erklärt Dr. Robertz mit dem raschen Wachstum des Unternehmens. Anders als in den Druckereien von Amazon, wo jeder Millimeter Fläche und jeder Bewegungsablauf von Logistikern vorab exakt geplant ist und ein enorm hoher Grad von Automation vorherrscht, benötigt BOD Manpower zum Befördern der einzelnen Buchteile von Station zu Station. Möglicherweise erklärt dies höhere Fertigungskosten des Einzeltitels und den daraus resultierenden geringeren Ertrag für Autoren, die in Hamburg statt bei Amazon fertigen lassen.
Vorteil für einen BoD-Autor ist dafür die Anbindung des zum Barsortiment Libri gehörenden Unternehmens an den Buchhandel, der im Falle einer Bestellung direkt beliefert wird. Die Vergabe von ISBN sowie der Eintrag ins Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB) bei BoD schafft übrigens auch die Voraussetzung zur Beteiligung am Deutschen Selfpublishing-Preis, den der Selfpublisher-Verband gemeinsam mit der MVB – Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH vergibt.
Informative Vorträge auf dem Self-Publishing-Day 2017
Erstmals lag in diesem Jahr die unternehmerische Leitung des Self-Publishing-Day in den Händen von Lutz Kreutzer. Der selbst als Krimi-Autor tätige Münchener bewies anschaulich, dass es möglich ist, noch viel mehr Menschen als bisher für die Weiterbildung im Self-Publishing zu begeistern und gleichzeitig Anbieter aus der Peripherie zu finden, die sich als Sponsoren anbieten. Es darf davon ausgegangen werden, dass die Veranstaltung fortgesetzt und erweitert wird.
Die Vorträge auf dem Self-Publishing-Day 2017 spiegelten in gedrängter Form den aktuellen Markt wider. Mindestens 250 Autoren können mittlerweile gut von ihren selbst verlegten Büchern leben, erläuterte Matthias Matting. Der Physiker und Journalist erläuterte am eigenen Beispiel, wie es gelingen kann, ein eigenes Thema zu finden und dafür eine Zielgruppe aufzubauen. Zum zentralen Marketing-Instrument entwickelt sich dabei ein gut gepflegter Newsletter. Matting selbst nutzt das bis 2.000 Adressen kostenlose MailChimp.
Dem eigenen Newsletter kommt schon aus dem Grund zunehmend Bedeutung zu, weil der Markt der Self-Publisher explodiert. Allein das Kindle-Programm wächst jeden Monat um 25.000 neue Titel. Reichten in den Anfangsjahren noch rund 100 Verkäufe am Tag, um in die Amazon-Top-Ten zu kommen, so braucht es heute 170 Verkäufe pro Tag, um nur die Top 100 anzukratzen und 2.000 Verkäufe, um Platz 1 zu behaupten.
Von einer zunehmenden Professionalisierung der Szene berichtet auch Thorsten Simon, Pressesprecher bei BOD. Simon verzeichnet ein eng verzahntes Miteinander von Autoren, Lektoren, Grafikern, Illustratoren und Herstellern, die gemeinsam ein erfolgreiches Team bilden können.
Die quicklebendige Tina Lurz von LovelyBooks zeigte anschaulich, welche Bedeutung eine aktive Fanbase und daraus resultierende Buchempfehlungen auf verschiedenen Portalen für die »Karriere« eines Buchtitels haben kann.
Workshops auf dem Self-Publishing-Day 2017
Nachdem sich die Teilnehmer des Self-Publishing-Day 2017 gestärkt und untereinander bekannt gemacht hatten, ging es in die Workshops.
Ex-Bertelsmann-Manager Johannes zum Winkel schöpfte aus seinem Daten- und Wissenspool und informierte über die neuesten und erfolgreichsten Genres im Kindle-Shop. Autorin AJ Blue empfahl, den Leser bereits bei der Erstellung eines Romans einzubinden und erläuterte, wie dies geschehen kann. Dennis Schmolk von Bookrix referierte die technischen Grundlagen der eBook-Erstellung. Sprechcoach Brigitte Mayer sprach über Sinn und Nutzen von Stimmtraining, um professionell Lesungen durchzuführen und damit den Buchverkauf nachhaltig zu steigern.
Nach dem Mittagessen gaben Lektorin Maren Ziegler und Yvonne Uelpenich von Twentysix Tipps für spannende und absprechende Klappentexte, die als Aushängeschild eines Buches Leser ansprechen. Lektor Michael Lohmann vom Verband freier Lektorinnen und Lektoren (VfLL) und Krimiautor Béla Bolten inszenierten ein humorvolles Zwiegespräch über das Verhältnis von Autor und Lektor, das in eine enge und für beide Seiten erfolgreiche Zusammenarbeit münden kann. Blogger Björn Tantau sprach über die Rolle der eigenen Webseite, von Social Media und Newsletter. Pierre Vroomen von Bookmundo/Sweek präsentierte neue Apps, die den Self-Publisher unterstützen wollen.
Der Nachmittag auf dem Self-Publishing-Day 2017
Kaum waren die insgesamt acht Workshops vorüber, kamen die 200 Teilnehmer wieder zusammen, um einem Vortrag von Mediendesignerin Sonja Jüde von Editing Escort über das Corporate Design für Autoren zu lauschen. Jüde sprach über Layout und Typographie von Buchcover und Begleitmedien. Es folgte René Junge, der ausführte, dass sich Gratisaktionen für E-Books aktuell nur noch dann Wirkung entfalten, wenn der Titel es in die Top 3 der Gratis-Charts bei Amazon schafft.
Mit Vanessa Gutenkunst betrat eine für manche Self-Publisher noch unbekannte Spezies der Verlagswelt das Podium: die Literaturagentur. Ruprecht Frieling plauderte mit der charmanten Vertreterin der Agentur Copywrite, die mit Poppy J. Anderson, Catherine Sheppard und Carla Berling bereits drei hochkarätige Self-Publisherinnen unter Vertrag hat.
Das traditionelle Autoren-Grillen auf dem Self-Publishing-Day 2017
Zum Abschluss des Self-Publishing-Day 2017 lud Ruprecht Frieling dann zum traditionellen Autoren-Grillen drei erfolgreiche Krimi-Autoren: Ostfrieslands Krimiqueen Elke Bergsma, Erfolgsautor Béla Bolton vom Bodensee und Thriller-Spezialist René Junge aus Hamburg mussten sich im Speed-Interview blitzschnell äußern und ernten viele Lacher und Applaus für ihre Schlagfertigkeit.
Mit dieser unterhaltsamen Talkshow klang der Self-Publishing-Day 2017 leicht und beschwingt aus. Viele der Teilnehmer meldeten sich beim Abschied spontan für das nächste Event an: Am 26. Mai findet in Düsseldorf der Self-Publishing-Day 2018 statt. Der Self-Publishing-Day wird damit offensichtlich zu einem essentiellen Bestandteil der Szene, der angenommen und gewünscht wird.
Wenn ihr wüsstet, wie amüsant @Prinz_Rupi auf dem #SPDay17 ist!!! pic.twitter.com/LCbBoMqTkA
— Jasmin Zipperling (@JZipperling) June 10, 2017
Unter dem Hashtag #spday17 folgten Interessenten dem Event auf Twitter
Video vom Hamburger Self-Publishing-Day