Mit John McLaughlin betritt ein Grandseigneur alter Schule die Bühne im Berliner Admiralspalast: weiße Hose, weißes Hemd, bestickte Seidenweste, eleganter Binder. Über all dem leuchtet silberhell das weiße Haarkleid eines englischen Lords, der sich keiner Perücke bedienen muss. Das ist der Star des Quintetts, das seinen Namen trägt und dem man seine 82 Lenze kaum glauben mag.
John McLaughlin – Legende des Fusion
John McLaughlin arbeitete im Rhythm´n´Blues mit Georgie Fame und Brian Auger. Er spielte 1963 mit Ginger Baker, Jack Bruce und Graham Bond im Klooks-Kleek-Club. Das Klooks Kleek war eine Talentschmiede im ersten Stock des alten Railway Hotel in North West London. Der britische weiße Blues und der R&B sind teilweise hier entstanden.
McLaughlin tourte mit den in der Rock and Roll Hall of Fame verewigten Four Tops und dem amerikanischen Soul-Sänger Wilson Pickett. Trompeter Miles Davis engagierte ihn, um mit Herbie Hancock, Chick Corea, und Joe Zawinul zusammenzuspielen. Das war die Geburt der Fusion-Musik,
Eine Sternstunde war die Gründung des eigenen Mahavishnu Orchestra, das mit einem raffinierten Gespinst indische und westeuropäische Klänge verband. McLaughlin entsagte Alkohol und Drogen gegenüber seinem hinduistischen Guru und erblühte in seiner Gitarrentechnik, die er mit Klängen von Sitar und Tabla verband.
Zusammen mit den Gitarristen Al Di Meola und Paco de Lucía nahm er das legendäre Akustik-Album Friday Night in San Francisco auf, das über zwei Millionen Mal verkauft wurde.
Das John McLaughlin Quintett
Das John McLaughlin Quintett besteht aus Sängerin und Pianistin Jany McPherson, Drummer und Keyboarder Gary Husband, Bassist Étienne M’Bappé und Schlagzeuger Ranjit Barot. Chef und Namensgeber ist der inzwischen mit dem Grammy ausgezeichnete und siebenmal von der Jazzbibel Downbeat zum »Gitarristen des Jahres« gewählte Weltmusiker aus Yorkshire.
Jany McPherson ist eine temperamentvolle kubanische Pianistin, die mit einzigartiger Energie kurze Einsprengsel einwirft. Diese schwunghaften Licks sind kurze melodische, (un)harmonische Phrasen, die den Künstler herausfordert, die mitunter komplexen Takte exakt zu halten. Sie brachte sich auch als grandiose Sängerin ein und bereicherte damit die ansonsten rein akustischen Darbietungen McLaughlins um eine neue Nuance.
Der Takt kommt in nahezu jeder Band vom Schlagwerk. Bei McLaughlin ist es der indische Drummer Ranjit Barot. Dessen unglaubliche Fähigkeit besteht darin, einen eigenen Trommelstil entwickelt zu haben, der für die Bandmitglieder die Herausforderung eines ebenbürtigen Meisters darstellt. Diese besteht darin, unsere weitgehend im europäischen Rhythmus gesetzte Musik, die klassisch auf die »Eins« (den ersten Schlag eines Takts) setzt, in einem vollständig anderen, scheinbar »schrägen« Takt zu spielen.
Ranjit Barot arbeitet mit der rhythmischen Struktur des Tala. Dieser besteht aus einer festgelegten Anzahl von Schlägen, die in Gruppen organisiert sind, wobei die Betonung auf verschiedenen Schlägen innerhalb des Zyklus liegen kann. Um die Mitspieler untereinander präzise einzustellen und ihnen zu helfen, den Rhythmus genau zu spielen, nutzt der Schlagwerker Bols genannte Silben oder Wortfetzen, die den verschiedenen Schlägen des Tala entsprechen.
Da die indische Rhythmusstruktur enorme Freiheiten für Improvisation und Variation lässt, bietet es dem solistisch tätigen Musiker viel Spielraum. So entsteht ein sich ständig veränderndes rhythmisches Gewebe von großer Zartheit, in dem der stets mit Handschuhen spielende Bassist Étienne M’Bappé und der Brite Gary Husband an Keyboard und Schlagzeug brillieren.
Das Konzert im Berliner Admiralspalast war umwerfend. Ich war so benommen, dass ich erfüllt in die falsche S-Bahnlinie stieg. So dauerte es dann bis Mitternacht, bis ich daheim Platten von John McLaughlin auflegen und weiter swingen konnte.