Wenn der Raptor rasend rammelt …
Ruprecht Frieling über die Dino-Sex-Literatur
Carla hat zwar Zoologie studiert, jedoch nur einen Job als Tierpflegerin im Reptilienhaus bekommen. Dort träumt die stramme Blondine, dass sie in einem Urwald von Wilden entdeckt und zu deren Königin gemacht wird. Dies erregt ihre Fantasie und schon steht sie unter der Dusche, streichelt ihre Brüste und masturbiert. Doch ihr Tagewerk ist noch nicht beendet, ein Kollege bittet sie, die geklonten Raptoren mit einer jungen Ziege zu füttern …
In dem hochgesicherten Schaugehege der replizierten Saurier nimmt ein besonders kräftiges Exemplar die Witterung der Servicekraft auf, drängt sie in eine Höhle und presst sie gegen eine Steinwand. Nachdem er ausführlich ihre Weiblichkeit beschnüffelt hat, fährt der lüsterne Raptor seine enorme Männlichkeit aus, stimuliert und penetriert sie. Carla erlebt die wildesten Orgasmen ihres Frauseins und fühlt sich selbst bald wie ein Tier, das alles um sich vergisst und hemmungslos rammelt. – Welch Wunder, dass sich die Dame nach dieser Erfahrung als ständige Betreuerin der Donnerechsen bewirbt …
Im Keller der Erotik-Literatur
Wir befinden uns in einem Genre der besonderen Art: Es geht um Dino-Sex. Bei dieser besonderen Spielart der erotischen Literatur, bei denen es um Sex mit Monstern geht, kommen Saurier zum Einsatz. Wo Werwölfe, Einhörner und Kraken als Spießgesellen für Sex-Fantasien nicht mehr genügen, braucht es Tiere der Urzeit, und tatsächlich schlagen Texte, in denen es mit Sauriern zur Sache geht, zumindest in den USA sämtliche Verkaufsrekorde im Segment der Rotlichtliteratur.
Christie Sims und Alara Branwen sind die Decknamen zwei der erfolgreichsten US-Autorinnen im Subgenre Dino-Erotik. Während Alara in einem Supermarkt arbeitete, studierte Christie an einer Universität. Die beiden erkannten schnell, wie leicht sich Geld mit extremen Erotikfantasien verdienen lässt. Sie nutzten die Möglichkeiten des Selfpublishing und luden 2012/2013 bei Amazon diverse Geschichten zum Thema Sex mit Monstern hoch. Meist handelte es sich dabei um recht kurze Texte, ihre sogenannten Bücher umfassen bisweilen nur 20 Seiten.
Die Geburt der Dino-Sex-Literatur
Als den beiden Hobbyautorinnen nach Abenteuern mit Werwölfen, Drachen, Orcs, Trollen, Greifen und Riesenkraken, die sich nach »busty maidens« (vollbusigen Mädchen) sehnen, der Stoff ausging, kamen sie nach einem Besuch des Kinofilms »Jurassic Park« auf die Idee, es mit Sauriern zu treiben. Der Dino-Sex war geboren! In dieser Spielart unterirdischer Trivialliteratur brüllen Brontos brünftig und rammeln Raptoren rasend.
Die beiden Freundinnen lachten anfangs über ihre verrückten Einfälle, so Alara Branwen im Interview, doch dann stellte sich Verkaufserfolg ein. Christie Sims und Alara Branwen wurden Vollzeitautorinnen, sie gelten inzwischen als »Herrinnen der Monsterpornos«. 200 Geschichten haben sie bereits geschrieben, noch längst sind nicht alle veröffentlicht.
»Ich bin nur ein einfaches Mädchen aus dem Mittleren Westen, das ein normales Leben führt«, beteuert Christie Sims auf ihrer Autorenseite. »Während mein Anspruch an Äußerlichkeiten bescheiden ist, sind meine inneren Gedanken erfüllt von lustvollen Gedanken an große, starke, mächtige Monster, die ihren Weg zu wunderschönen Mädchen finden.«
Dino-Sex schwappt nach Europa
Es dauerte nicht lange, da erwachte im ansonsten eher prüden spanischen Sprachraum die erste Selfpublisherin. Virginia Lauda nennt sich die Autorin einer Trilogie in Sachen »Dinoerótica«. Bei ihr wird Frau durch Zufall in die Kreidezeit transportiert, wo das dominante Männchen einer Herde von Deinonychus sie zur Mutter seines Nachwuchses bestimmt und in sein Nest verschleppt. Der Rudelboss der bis vier Meter langen Fleischfresser, deren altgriechischer Gattungsname etwa »schreckliche Klaue« bedeutet, muss nun seine Beute vor den anderen Gierhälsen verteidigen und sie mit seinem Zauberstab pausenlos verwöhnen.
Die Kreidezeit und ihre Urviecher hat es auch einem deutschen Autoren-Duo angetan, das sich Cat Crimson und Alana Troy nennt. Sieben Folgen umfasst die Serie »Jurassic Lust« um die sexy Paläontologin Dr. Miranda Cassidy, die mit einer »Chrono-Schleuder« auf eine Zeitreise in die Welt der Saurier geht. Dort erleidet sie »die unerträgliche Qual, nie wieder einen Mann zu spüren« bis ihr die unerwartete Begegnung mit einem dreihorngesichtigen Triceratops »erfüllende Leidenschaft und Lust« beschert. Zum Glück für Miranda handelt es sich bei dem bis zu neun Meter langen Saurier um einen Pflanzenfresser, der sie nicht verspeisen will. So hat sie nur mit rund zwölf Tonnen Gewicht und einem entsprechend dimensionierten Phallus zu tun, der sie in den siebten Himmel treibt …
Vom Dino-Sex zum Verkehr mit Außerirdischen
»50 Shades of Grey« war gestern, Vampire sind schon länger out, heute müssen schon Saurier als Eroberer auftreten und den LeserInnen den Traum erfüllen, sich vollends unterwerfen und hingeben zu dürfen. – Dino-Sex! – Schon bei der Vorstellung schüttelt es manch eine(n). Auf der anderen Seiten müssen doch die LeserInnen von irgendwoher kommen. Nur gut, das der E-Book-Reader in Bahn und Bus verbirgt, was unser Gegenüber gerade goutiert …
Doch ist mit dem Dino-Sex die Sturzfahrt in die Geschmacklosigkeit vorüber oder geht es etwa noch weiter?
Es geht weiter: Geschlechtsverkehr mit unersättlichen Außerirdischen ist die nächste Ebene für diejenigen, die davon träumen, sich dem Willen wilder Kreaturen zu beugen und Phantasien unter dem wachsamen Auge phantastischer Wesen wachsen zu lassen. Schon starten SelfpublisherInnen mit Raumschiffen in den Weltenraum zu schwanzgesteuerten Schleimmonstern, die nur darauf warten, dass sich ihnen brünstige Bräute mit niedrigem IQ vom Planeten Erde zu Füßen werfen, um sich das letzte Quantum Verstand aus dem Hirn vögeln zu lassen.
Soviel Sex verträgt nicht mal ein dino. ist die spezies vielleicht deswegen ausgestorben?
Verrückt das alles, aber toll beschrieben. Geschlechtsverkehr mit unersättlichen Außerirdischen???Neeeiiiin, bloß nicht, mir fällt ‚District Nine‘ ein.
Pingback: 8. LoveLetterConvention – das Fest für Fans des Liebesromans