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Autoren, Lektoren, Übersetzer, Literaturagenten, Verbandsvertreter und Dienstleister trafen sich in Nürnberg zum Gedankenaustausch über das Thema Self-Publishing • Fotos: © R. Frieling
Self-Publishing-Day bricht zu neuen Ufern auf
Self-Publishing fasziniert unverändert Autoren, die ein Publikum vor Augen haben und nach Formen und Wegen suchen, dieses direkt anzusprechen. Dabei entwickelt sich Self-Publishing zum starken Markenzeichen einer Vertriebsform. Diese erreicht zunehmend auch etablierte Autoren, die neue Veröffentlichungswege nutzen wollen. Dies ist ein Fazit des 6. Self-Publishing-Days, der am Wochenende in Nürnberg stattfand.
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Lutz Kreutzer, Initiator des Self-Publishing-Days kündigte gleich zu Beginn der Tagung in Nürnberg den nächsten Termin an: 6. Juni 2020 in Düsseldorf
Rund 150 Autoren und Dienstleister trafen sich auf der Nürnberger Burg, wo der Self-Publishing-Day 2019 stattfand. Zum sechsten Mal gab es für Nachwuchsautoren wie auch für gestandene Profis aus der Autoren- und Verlagsszene Neues zu entdecken und Interessantes zu erfahren.
Veranstalter Dr. Lutz Kreutzer begrüßte die Teilnehmer und machte deutlich, dass der SP-Day kein Anhängsel irgendeines Vereins, sondern eine unabhängige Initiative für die Buchbranche sei.
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Auf einer Wellenlänge: Leonhard F. Seidl vom Verband deutscher Schriftsteller (VS) und Lutz Kreutzer vom Self-Publishing-Day
Leonhard F. Seidl grüßte die Anwesenden im Namen des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS). Er informierte, dass sich der mit rund 4.000 Mitgliedern größte Zusammenschluss deutschsprachiger Autoren dem Self-Publishing geöffnet habe. Auch Autoren, die ausschließlich oder erstmals auf eigenes Risiko veröffentlichen, werden in den VS aufgenommen und genießen damit Anspruch auf Rechtsberatung und Rechtsschutz.
Fünf Minuten Leserausch
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„5 Minuten Leserausch“ gab es am Vorabend des Self-Publishing-Days als zwölf Self-Publisher in der Nürnberger Thalia-Buchhandlung aus ihren neuesten Werken lasen
Am Vorabend hatte es als Novität zum jährlichen Self-Publishing-Day eine vergnügliche Lesung in der Nürnberger City-Buchhandlung Thalia gegeben. In „5 Minuten Leserausch“ trugen elf selbst publizierende Autorinnen und ein Autor jeweils fünf Minuten aus einem neuen Werk vor. Bewertet wurden dabei vom Publikum und einer fachkundigen Jury neben dem Inhalt vor allem die Vortragsqualität.
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Zwölf mutige Autoren stellten sich dem Publikum in Nürnberg: Melanie Jungk, Roswitha H. Edwards, Silke Brügel, Natascha Vuleta, Marie Winnefeld, Marieke Homann, Mathias Blühdorn (obere Reihe von links nach rechts), Sandra Farmer, Tina Spenzel, Mica Fox, VeroKAA, Alex Sassland (vordere Reihe)
Königin der Herzen und damit Siegerin von Zuhörern und Jury wurde Marieke Homann. Die Autorin hat eine erfrischende Reiseerzählung verfasst, in der eine blutjunge Backpackerin ein Jahr mit ihren Eltern um die Welt zieht.
„Ich möchte gern wissen, ob ich mein erstes Buch direkt bei Amazon hochladen oder einem Dienstleister in die Hand geben soll“, verriet mir Marieke Homann später im Gespräch. Sie besuchte zum ersten Mal einen Self-Publishing-Day und war angenehm von dem Informationsangebot überrascht. Auf der Nürnberger Burg hatte sie ausreichend Zeit, sich von den Sponsoren, darunter erstmals auch Amazon, beraten zu lassen.
Die Entscheidung wird ihr schwerfallen. Denn auch dem auf der Veranstaltung anwesenden Literaturagenten Gerd Rumler, ein Mann mit jahrzehntelanger Erfahrung im Kinder- und Jugendbuch, gefiel die Testprobe gut. Er suchte das Gespräch mit dem Nachwuchstalent.
Literaturagenten nutzen Autoren und Verlagen
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Literaturagent Gerd F. Rumler informierte auf dem Self-Publishing-Day 2019, wie eine Literaturagentur Self-Publishern nutzen kann
Rumler war es auch, der einen viel beachteten Vortrag über die Gelenkfunktion des Literaturagenten zwischen Verlagen und Autor hielt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich deutsche Verlage zunehmend kundiger Scouts bedienen, um Autoren aufzuspüren und Nischenthemen zu bedienen. Für den Autor bietet der Agent dabei den großen Vorteil, dass er die Verlagsprofile genau kennt, persönliche Kontakte zu den jeweiligen Programmmachern unterhält und bessere Konditionen aushandeln kann.
Macht es denn überhaupt Sinn, einem Literaturagentur einen Text einzusenden? Wird der Brief nicht gleich ungelesen in einem Papierkorb versenkt?
„Wir antworten jedem, der uns ein Manuskript einsendet,“ sagt Gerd Rumler, als wir uns in der Mittagspause beim Gulasch treffen. „Schon in diesem Punkt unterscheiden wir uns von anderen Agenturen.“ Dass die Lektüre eingehender Leseproben und Texte seine Zeit dauere, sei bei einer Einsendung jedoch zu berücksichtigen.
Was ist denn der größte Fehler, den Nachwuchsautoren machen können, lieber Gerd?
„Schlimm ist, wenn sie ihr Manuskript persönlich an den Verleger eines großen Hauses schicken. Der hat nun garantiert Wichtigeres zu tun, als den neuesten Text von Lieschen Müller zu lesen. Der Einsender zeigt damit nur, dass er vom Verlagswesen keinen Schimmer hat.“
Informative Vorträge und spannende Workshops
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Jurenka Jurk animierte die Zuhörer mit ihrem Vortrag, ihre Manuskripte vor der Veröffentlichung zu überarbeiten
Sechs Vorträge und acht Workshops wurden den Teilnehmern angeboten. Johannes zum Winkel half interessierten Autoren, die richtige Zielgruppe in Online-Shops zu finden und anzusprechen.
Gunnar Siewert, Gründer und Ex-Geschäftsführer von Bookrix informierte, was Autoren gegen Piraterie im E-Book-Bereich unternehmen können und stellte seine Plattform eBookWaterMark vor, die vor allem in der Promo-Phase, also vor Erscheinen eines Buches, nützlich sein kann.
Sprechtrainerin Brigitte Mayer zeigte in einem Workshop zum Thema „Dialoge als Spannungsmacher“, wie aus einer Lesung ein Hörspiel gemacht werden kann.
Bühne frei für Self-Wikinger
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Bereits vor dem traditionellen „Autoren-Grillen“ wurde hinter den Kulissen zu den Waffen gegriffen: Interviewer Ruprecht Frieling versuchte, mit einer Wikinger-Streitaxt Leibwächter Thomas Hertz auszuschalten, während Mira Valentin Veranstalter Lutz Kreutzer mit einem zweischneidigen Schwert in Schach hielt
Zum Ausklang der Veranstaltung hatte ich dann noch das Vergnügen, Mira Valentin eine Dreiviertelstunde lang „grillen“ zu dürfen. Die Interview-Show bildet traditionell den unterhaltsamen Abschluss jedes Self-Publishing-Days. Im Zwiegespräch mit einem prominenten Self-Publisher wird Wissenswertes auf humorige Weise vermittelt.
Mira Valentin, die Lady Gaga der Self-Publisher-Szene, kam im Kostüm einer Wikinger-Schildmaid auf die Bühne und ließ sich zum Schutz vor allzu aufdringlichen Fragen von einem grimmig blickenden Wikinger-Bodyguard schützen. Trotz der ständigen Gefahr, auf offener Bühne von einem Beilhieb niedergestreckt zu werden, konnte ich der Bestsellerautorin höchst persönliche Einblicke in Leben, Projekte und Pläne entlocken. Unter anderem offenbarte Mira, dass es ihr im Gewand ihrer Protagonistinnen viel leichter fällt, öffentlich für ihre Bücher zu werben.
Freuen dürfen sich ihre Fans auf die Wikinger-Saga „Nord-Blut“, die in Arbeit ist. Zuvor erscheint ihr mit dem Kindle-Storyteller-Award ausgezeichnetes Buch „Der Mitreiser und die Überfliegerin“ im Re-Design.
Self-Publishing ist als Vertriebsform für jeden Autor spannend
Zum Abend trafen sich noch rund einhundert Veranstaltungsteilnehmer im angeblich größten Wurstrestaurant Deutschlands, dem „Bratwurst-Röslein“. Bei Schäufele, Rostbratwurst, Rotwurst und anderen Nürnberger Delikatessen, die es teilweise auch vegan gibt, wurden Adressen ausgetauscht und Freundschaften begründet, um sich noch enger miteinander zu verbinden. Einige verabredeten sich zum Wiedersehen am 7. Self-Publishing-Day am 6. Juni 2020 in Düsseldorf.
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Krimiautorin Melanie Jungk ist eine der Teilnehmer des Self-Publishing-Days 2019, die sich schon auf den nächsten Event freuen
Lutz Kreutzer äußerte sich bei Bier und Bratwurst zufrieden mit der Veranstaltung: „Das Interesse vieler Self-Publisher an Professionalisierung wird von Jahr zu Jahr deutlicher sichtbar. Dabei erweisen sich die Grenzen zwischen Verlagsautoren und Self-Publishern als fließend.“
Der Veranstalter des Self-Publisher-Days nahm einen kräftigen Schluck aus dem Krug und wischte sich mit dem Handrücken den Mund. Er schaute über die zufrieden schmausende Gemeinde im „Bratwurst-Röslein“ und fügte hinzu:
„Inzwischen ist es für Autoren selbstverständlich, in beiden Welten unterwegs zu sein und sich die für sie besten Veröffentlichungswege zu suchen. Der Self-Publishing-Day ist die optimale Gelegenheit, sich über neue Wege und Möglichkeiten zu informieren.“
Für mein Goldstück und mich waren es drei wunderbare Tage in Nürnberg. Der Wettergott hatte ein Einsehen mit uns. Wir trafen liebe Menschen und hatten viel Spaß. Es ist einfach nur schön, wenn man in einer solchen Gemeinschaft wie beim Self-Publishing Day so gut aufgenommen wird. Danke »Prinz Rupi« für diesen wunderbaren Bericht. Wir freuen uns auf Düsseldorf 2020.
Lieben Gruß Vero KAa und Goldstück