Matthias Kramer, einer der profiliertesten internationalen Cembalo-Bauer und seine Lebensgefährtin, die Barockspezialistin und Dirigentin Giuliana Retali, mögen die Baleareninsel Mallorca. Nahe Manacor, im Osten der Insel, erfüllen sie eine behutsam restaurierte Finca mit Leben. Vor dort aus unternehmen sie ausgedehnte Spaziergänge und gehen dabei auf die Jagd nach ihrer Lieblingsfrucht, der Orange.
Auf der Baleareninsel gilt das ungeschriebene Gesetz, dass zu Boden gefallene Früchte demjenigen gehören, der sie findet. Eines schönen Tages werden die beiden Spaziergänger jedoch beim Aufsammeln von einem Bauern erwischt, der das anders sieht. Er will die Touristen zur Kasse bitten. Als der Mallorquiner indes erfährt, dass Giuliana Italienerin und zudem mit Oper und klassischer Musik verheiratet ist, lädt er sie freudestrahlend in sein Haus ein, wo die beiden eine Überraschung erwartet.
Die bäuerliche Kemenate entpuppt sich nämlich als das Haus eines erklärten Opernliebhabers. Der Landmann sammelt nicht nur Schallaufnahmen großer Opern, er trägt auch noch mit Inbrunst intonierte Arien selbst vor. Erstaunt spüren die Gäste, welche Glücksgefühle der Campesino mit Oper und Musik verbindet. Sie fühlen sich in einem Plan bestätigt, den sie schon länger im Herzen tragen: den musikalisch gesehen wüsten Osten der Insel mit Musikwerken zu beleben.
Am 7. Juni 2014 soll der Wunsch von Kramer und Retali nun tatsächlich in Erfüllung gehen. Im Auditorium von Manacor, das im Oktober 2012 durch die finanzielle Unterstützung von Tennisstar Rafael Nadal eröffnet wurde, gibt es ein erstes Opern-Konzert unter der Stabführung von Giuliana Retali. Auf dem Programm stehen Arien aus Mozarts Da-Ponte-Zyklus »Hochzeit des Figaro«, »Don Giovanni« und »Cosi fan tutte«.
Für die Darbietung wurde eigens das »Orquestra de l´Òpera de Manacor« gegründet, das aus Mitgliedern der Balearen-Sinfoniker und der Stadtkapelle »Banda Municipal de Palma« sowie aus Musikern des Konservatoriums besteht. Ramón Andreu, erster Geiger des Sinfonie-Orchesters, hat die Instrumentalisten sorgfältig ausgewählt. Für die Soli wurden Cornelia Zach, Agata Bienkowska, Juan Antonio Sanabria und Antonio Abete verpflichtet. Zur finanziellen Absicherung einer Aufzeichnung der Veranstaltung wurde eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen.
Ab 2015 möchten Kramer und Retali dem Publikum in Manacor dann komplette Opernaufführungen bieten. Angedacht sind zwei Mozart-Opern mit jeweils mehreren Vorstellungen pro Jahr. Abhängig ist natürlich alles von der Resonanz des einheimischen Publikums, dem Kramer allerdings viel zutraut. Manacor verfüge über eine lange Theatertradition, sämtliche Vorstellungen, egal ob es sich um Auftritte der örtlichen Theatergruppen oder Gastspiele handelt, seien ausverkauft, erzählt er. Nun entscheidet sich erstmals am 7. Juni, ob sich ausländische Residenten ebenso wie Mallorquiner angesprochen fühlen.
Für einen Gast ist jedenfalls ein Ehrenplatz reserviert: Das ist der Orangenbauer aus Manacor, der den beiden »Räubern« den letzten Anstoß gab, ihre Idee zu verwirklichen.
Das ist fast zu schön, um wahr zu sein.
Aber Kunst, und hier insbesondere Musik, vermag immer wieder Wunder zu vollbringen. Wie zum Beispiel, dass die Osnabrücker Symphoniker in diesen kritischen Tagen verkünden, dass sie nach dem legendären Konzertaustausch zum 70. Jahrestag der Schlacht von Stalingrad im vorigen Jahr, wo sie gemeinsam mit den Wolgograder Symphonikern Beethovens 9 in Wolgograd und später auch als OpenAir vorm Osnabrücker Dom spielten nun weitere Konzerte in Tweer, der Partnerstadt und auch in Moskau planen. Hier setzt Kunst und Kultur Zeichen gegen Politik, der offenbar Kriege wichtiger sind.
die renaissance der romantik? der fröhliche landmann als freund der italienischen oper – das wäre ja glatt stoff für eine solche
Ganz ohne Legendenbildung mag auch der seriöse Berichterstatter nicht schreiben, liebste Kollgein 😉
Ich kann nur sagen, dass es wundervoll ist. Meine Vorredner haben mir die Worte aus dem Mund genommen. Ich lese immer wieder gerne bei Euch. 🙂