Mein erstes Buch
Mein erstes Buchmanuskript war ein Tatsachenroman, der die Drogentransporte der seinerzeit in Westberlin stationierten US-Streitkräfte schilderte.
Es war die Zeit des Vietnam-Krieges, den die amerikanische Regierung angezettelt hatte, um ein liebenswertes Land und seine Bewohner mit Napalm und Splitterbomben zu zerstören, pardon: von den bösen Kommunisten zu befreien …
Gewaltige Mengen Haschisch wurden damals in amerikanischen Militärflugzeugen aus den Krisengebieten Vietnam, Laos und Kambodscha nach Westberlin geschleust und von dort über Großdealer verteilt. Rohopium wurde sogar in Särgen, in denen angeblich tote Soldaten lagen, eingeflogen.
Natürlich war es offiziell unvorstellbar, dass unsere verehrten Schutzheiligen ihre schmutzigen Finger im Drogengeschäft hatten, doch die Realität ist bisweilen ganz anders als offiziell beschrieben. Derartige Transporte waren möglich, weil hohe Offiziere kräftig mitverdienten und den Transport der »Militärgüter« ermöglichten.
Für den Endverbraucher war es eine aufregende Zeit. Es gab beste Qualitäten zu erschwinglichen Preisen und auf manchen gepressten Haschisch-Platten prangten sogar staatliche Prüfsiegel der Erzeugerländer …
Wie auch immer: Dies war ein super spannendes Thema für einen Tatsachenroman, und ich hatte Zugang zu den Akteuren.
Ein Journalisten-Kollege, damals Stellvertretender Chefredakteur einer Tageszeitung, las mein Manuskript. Er schüttelte den Kopf und meinte, es sei lebensgefährlich, einen derartigen Text zu veröffentlichen. Ich würde vermutlich ein paar Tage nach dem Erscheinen tot aus dem Landwehrkanal gefischt werden. Er wolle ungern einen Mitarbeiter verlieren.
Das schüchterte mich ein. In meiner Naivität hatte ich an die aufklärerische Macht des Wortes geglaubt und mich als investigativen Autor einer deutschen »Watergate«-Affare gesehen. Dass mit einer Veröffentlichung auch Gefahren für Leib und Leben verbunden sein könnten, war mir nie in den Sinn gekommen!
Manches Buch bleibt besser unveröffentlicht
Inzwischen bin ich aus anderen Gründen froh, den Text nie veröffentlicht zu haben. Heute fallen mir bei meinem Erstling viele stilistische Unebenheiten auf, die Dialoge sind hölzern, Beschreibungen bleiben blass – mein Anfängerwerk hatte zwar einen tollen Plot – aber unübersehbare handwerkliche Schwächen.
Mit meinem heutigen Wissen und 40 Jahren Berufserfahrung im Steinbruch des Wortes rate ich, mit der kleinen Form zu beginnen: Reportagen, Berichte, Erzählungen, Kurzgeschichten, um sich dann erst an komplexere Formate wie einen Roman heranzutasten.
Viele der Bücher, die im Self-Publishing auf den Markt geworfen werden, leiden an ähnlicher handwerklicher Unfertigkeit wie mein Erstling. Sie tragen wesentlich zum schlechten Image der Self-Publishing-Bewegung bei und verhindern, Bücher in den Kreislauf des Buchhandels zu bringen sowie Feuilleton-Redakteure für Bücher zu interessieren.
Diese Mitverantwortung trägt jede(r), der ohne sorgfältige Prüfung durch einen Lektor sein Opus auf die freie Wildbahn schickt, nur weil er es geschafft hat, das Wort »Ende« unter den Text zu setzen.
Es gilt: Für den Aufbau eines Autors als Marke ist es besser, viel zu üben, gelegentlich zu verwerfen und auf Zeit zum Reifen zu setzen.
Genau so habe ich es gemacht, lieber Rupi, mit kleinen Glossen angefangen, in der Badischen Zeitung. Später dann habe ich kleine Geschichten geschrieben, einfach nur für mich selbst. Diese Geschichten fielen einem Verleger in die Hand … und das war der Beginn. Mittlerweile gibt es 10 Bücher von mir. Im Vergleich zu Menschen, die 6 Bücher im Jahr schreiben, so gut wie nichts.
Qualität und Quantität sind zum Glück immer noch zwei verschiedene Paar Schuhe, liebe Renate. Durch die aktuellen Möglichkeiten des Self-Publishings kann jeder Schrott verstreut werden. Wenn ich Artikel lese, dass Frauen stolz darauf sind, zwölf Bücher in einem Jahr publiziert haben, dann frage ich mich, wo die Zukunft des Buches landet. Es gab natürlich immer Heftchenromane für die Masse, und wenn ich derartiges zum Buch erhebe, dann mag das klappen. Aber das Material spielt wohl eher in der dritten oder vierten Liga.
Huhu Ruprecht!
Ich würde dein erstes Buch “ Opium“ gerne mal lesen,
Deine Zeit ist zu kostbar, um sie zu verschwenden, liebe Ingrid. Lies doch lieber etwas Aktuelles von mir
Tja, lieber Rupi. Mir ging es ähnlich. Meine ‚Erstlingswerke‘ liegen im Regal als Mahnung (Kicher). Besser isses. Und eine Überarbeitung? Ne. Dann fange ich lieber von vorn an.
Sehr ich genauso, lieber Reiner!
Warum nicht Opium überarbeiten und dann neu herausbringen. Das Thema ist doch interessant. Immer noch Furcht vor dem Landwehrkanal? Wenn es deswegen immer noch nicht erscheint, okay. Aber sonst…
Derartige Ängste sind heute unbegründet, lieber Lothar. Ich müsste es allerdings komplett neu schreiben, und da zweifele ich an nennenswertem Publikumsinteresse.