Matt Lucas und David Walliams begannen ihre »Britcom« ursprünglich als Radio-Show auf BBC 3, bevor sie ins Fernsehen wechselten und ein größeres Publikum ansprachen. Inzwischen ist ihre Serie »Little Britain« auch in Deutschland Kult. Es handelt sich dabei um eine Reihe Sketche in relativ fester Abfolge. Hauptthema sind gesellschaftliche Missstände wie Rassismus und Homophobie.
Little Britain: Galerie der Sonderlinge
Die beiden Akteure schufen eine Galerie exzentrischer Gestalten, deren skurrile, groteske und auch surreale Erlebnisse sie erzählen. Jeder der beiden präsentiert sich dazu in unglaublicher Vielfalt und Maskerade. Es ist kaum zu glauben, aber jeder der beiden verkörpert im Laufe der Serie bis zu 60 Rollen. Mit ihren Helden schlüpfen sie bevorzugt in Frauenrollen; sehr gern spielen sie verkleidete Transvestiten und extreme Tunten.
Eine der beliebtesten und krassesten Figuren von »Little Britain« ist Vicky Pollard. Bei dem Mädchen handelt es sich um einen straffälligen Teenager. Sie spricht unglaublich schnell und verkörpert den am undeutlichsten Englisch sprechenden Briten. Ihre Lieblingsphrase ist »Aber ja, aber nein, aber ja, aber nein«. Vicky fliegt von der Schule, begeht Ladendiebstähle, quält Kinder, wird schwanger und tauscht ihr Baby gegen eine CD der Band »Westlife« ein. Als ihre Sozialarbeiterin fragt, ob sie verrückt geworden sei, antwortet sie: »Ja, die CD ist voll scheiße«. Für Vicky wird eine eigene Welt geschaffen. Trotz der unglaublich schnellen Sprechweise werden hinter ihrem Gebrabbel neue Geschichten deutlich.
Daffyd Thomas will der einzige Schwule sein
Ein weiteres Highlight der »Kleinen Briten« heißt Daffyd Thomas. Der Fünfundzwanzigjährige will unbedingt der einzige Schwule in der walisischen Bergarbeiterstadt Llandewi Breffi sein. Sexuelle Erfahrungen fehlen ihm bislang, auch wenn die Barfrau seines Lieblingspubs »Vogelscheuche« ihn immer wieder mit anderen schwulen Männern verkuppeln will. Dafür besteht er trotz des Kopfschüttelns der Ärztin darauf, in einem Krankenhaus einen AIDS-Text machen zu dürfen, da er schließlich schwul und daher Zielgruppe sei.
Ray McCooney ist ein schottischer Hotelier und Restaurantbetreiber, der ständig mit einer Flöte herumläuft, seine Gäste nervt und vieldeutige Antworten wie »Möglicherweise ja, möglicherweise nein!« gibt.
Der Transvestit Eddie Howard nennt sich »Emily« und betont bei jeder passenden und unpassenden, er sei eine »Lady«, die gern damenhafte Dinge mache. In einem Pub wird sie von einem Typen angemacht, der sie scharf findet. Das endet jedoch sehr schnell, als die beiden sich auf dem Klo nebeneinander am Pinkelbecken treffen.
Michael, der Premierminister, wird von einem gnadenlos in ihn verknallten Mitarbeiter namens Sebastian Love bedrängt, der wiederum ständig eifersüchtig auf andere Mitarbeiter ist. Sebastian fälscht die Ergebnisse einer Meinungsumfrage. Nun sind die Wähler nicht nur mit der Nordirlandpolitik des Regierungschefs zufrieden, sie wollen ihn angeblich auch in Shorts und beim Männercatchen sehen …
Erwähnenswert ist auch Dennis Waterman: Der will in der Rolle eines klitzekleinen Schauspielers ständig Melodien erfinden und singen statt zu spielen, weshalb er von seinem Agenten nicht vermittelt werden kann.
»Political Correctness«? – Bei »Little Britain« ein Fremdwort
Zu den Höhepunkten jeder Show zählen unbedingt der angeblich behinderte Andy Pipkin und sein treuer Freund Lou, der ihn im Rollstuhl umherfährt und in geradezu selbstquälerischer Hingabe alle seine Wünsche erfüllt. Andy ist in Wirklichkeit nur zu faul, um selbst zu laufen. Lou hingegen bemerkt nicht, wie er schikaniert wird und darf deshalb jeden Gang zweimal machen.
Schließlich rundet die niederträchtige Marjorie Dawes die Runde der seltsamen kleinen Briten. Sie leitet die »Fat-Fighters«, eine Parodie auf die »Weight Watchers«, Ihr besondere Fähigkeit besteht darin, Gruppenmitglieder nieder zu machen.
Insgesamt zeichnet »Little Britain« das Bild einer wunderlichen Nation, von der wir eigentlich schon vor dem Brexit wussten, dass sie ein klein wenig anders ist. Monty Python jedenfalls, die Ahnherren der britischen Comedy, wirken mit ihrem wegweisenden »Flying Circus« aus der 1970-er Jahren fast altväterlich neben den krassen Typen, die im kleinen Königreich herumspringen.