Tief in den Sümpfen der Everglades forscht der geniale Dr. Dr. Paine nach einem Elixier, das Pflanzen blitzschnell wachsen lässt. Im Auftrag eines Lebensmittelkonzerns will er den Hunger auf der Erde besiegen und dafür den Nobelpreis einheimsen. Der fortschrittsgeile Forscher arbeitet fieberhaft an seinem Ziel und wird dabei hingebungsvoll unterstützt von der drallen Blondine Abbigail. Die Sexbombe vergöttert ihn. Dritter im Bunde ist der schwer verhaltensgestörte Assistent Dr. Jason R. Wood, dessen Onkel die Arbeit finanziert. Robin Wood möchte unbedingt ein wenig vom Ruhm seines Dienstherrn abbekommen und ebenfalls an Abbi knabbern
Mit diesem Ausgangsszenario entzündet die Neuköllner Oper in ihrem Trash-Musical »Das Ding aus dem Sumpf« ein schauspielerisches Feuerwerk, das alle Register des absurden Theaters zieht. Mit unglaublicher Spielfreude und herausragender Wandlungsfähigkeit erzählen die drei Darsteller die Geschichte vom »Ding aus dem Sumpf«. In dieses grüne Monster verwandelt sich Dr. Paine, nachdem er versehentlich den eigenen Wachstumscocktail getrunken hat und in den Sumpf gestürzt ist. Halb Mensch, halb Pflanze, steigt er aus dem Sumpf empor, um alles wieder gut zu machen.
Hintergrund der Story ist der literarisch angehauchte US-Horror-Comic Swamp Thing von Len Wein aus den 70er Jahren, der von verschiedenen Autoren wie Alan Moore fortgeschrieben und 1982 von Wes Craven unter dem Titel »Das Ding aus dem Sumpf« relativ erfolglos verfilmt wurde. Schon in der Vorlage geht es neben dem Kampf zwischen Gut und Böse um die Verschmelzung von Mensch und Pflanze und um die Veränderung des Menschen durch psychoaktive Drogencocktails.
Die Neuköllner Oper lenkt das Thema auch in existentialistische Fragestellungen. Natürlich werden die großen ökologischen Fragen unserer Zeit aufgegriffen, und es gibt reichlich Gelegenheit, über die Ursachen von Hungersnöten, Lebensmittelknappheit und -überfluss, industriellen Profitinteressen, Genfood und grüner Ernährung zu reflektieren. Das geschieht aber keineswegs mit erhobenem Zeigefinger, dazu lässt die Inszenierung keine Zeit, denn sie saugt die Zuschauer wie eine Windhose ein, wirbelt sie durch drei verschieden ausgestattete Bühnenräume in den Katakomben des Opernhauses und lässt sie kaum Atem holen.
Die schauspielerische Leistung der drei Protagonisten ist dabei ebenso wie ihre spielerische Freude so mitreißend und unmittelbar, dass sich das Publikum am liebsten selbst in Sumpfpflanzen verwandeln und mit den Protagonisten durch den Pflanzenwald stapfen möchte. Es schenkt schiere Freude, zu erleben, wie sich Christian Beermann als Dr. Paine und Daniel Breitfelder als assistierender Neidhammel Wood unter dem Einfluss des Wachstumsbeschleunigers verändern und verwandeln; sie lassen dabei mimisch wie pantomimisch bis hin zum puren Slapstick kein Gestaltungsmittel aus. Hinreißend und überzeugend spielt Karoline Goebel Paines Geliebte Abby. Sie ist es auch, die stimmlich einige der Songs trägt, die in das Stück eingebaut sind.
Für die Musik steht Matthias Herrmann. Mit Cello, Akustikgitarre und Loop-Generator webt er einen Geräuschteppich, der stimmig Handlung und Bühnenbild unterlegt und das Publikum auch akustisch in den Sumpf lockt. Mit »Das Ding aus dem Sumpf« liefert die »Neuköllner Oper« ein handwerklich erstklassig gemachtes Stück mit hohem Unterhaltungswert und einigem Tiefgang bei enormer Absurdität.
öhm hatte das nicht auch mal jack arnold verfilmt, damals noch in b/w…. war ein herlich erfrischender film grins
Meinst Du vielleicht den Film „Creature from the black lagoon“?
http://oldschoolreviews.com/rev_50/creature_black_lagoon.htm
ja genau den, thematisch genau daselbe oder irre ich…
Bei Arnold war es, so weit ich mich erinnere, eine Art Fischwesen, das aus Urzeiten stammte, entdeckt und gejagt wurde. Bei „Swamp Thing“ geht es um die Verwandlung eines Menschen in eine Pflanze – hat mich thematisch eher an John Graham Ballards „Paradiese der Sonne“ erinnert.
http://literaturzeitschrift.blog.de/2008/05/16/jg-ballard-paradiese-der-sonne-4184091/
Absurd klingt doch gut……
🙂
Ich bin natürlich eingeschworener „Swamp Thing“ Fan. Aber ich glaube, ich möchte es nicht, dass man dabei singt. 😉
Mit so ’ner Story im Hintergrund kann man sich herrlich Einen anspinnen (abgesehen davon, dass das mit der Verschmelzung mittelfristig kommen wird)…
(…Deine Schleichwerbung für Neukölln ist besser als das, was „offizielle“ PR so versucht… muahaha… ach ja, Böhrlien…)
Greetings nach Big B!!!
Wieso Schleichwerbung? Ich bewege mich doch noch ganz flott
Dada lebt!
Hätte gewettet, dass Du als eingeschworener Comic-Experte das Original kennst. Hast Du die Teile in Deiner Sammlung?
… ja ja – ich habe wieder (ganz überraschend!) von mir auf andere geschlossen… hüstel…
Ich besitze die deutschen „Swamp Thing Trade Paperbacks“ von Carlsen mit dem ganzen frühen Kram, dann noch einen guten Teil der US-Hefte. Ich hatte auch mal eine Covervorzeichnung von Charles Vess aus der 2. Serie und eine Seite von Nestor Redondo aus der 1. Serie von 1975, die habe ich aber wieder über meine Comic-Gallery verkauft.
Respekt! Dann kennst Du natürlich auch die Trash-Verfilmung von Craven? Die wird derzeit für ein paar Euronen überall verhökert.
Türlich! Ich habe den Film als relativ langweilig und für den Comic-Fan unbefriedigend in Erinnerung, da die Comic-Story für den Film stark zurechtgebogen wurde. Sicher kein Höhepunkt im Schaffen von Wes Craven.
Nicht so lange wie wir , denn ich habe das Elixier des Lebens erfunden !!!
http://data7.blog.de/media/681/5896681_a3e9a77f3c_l.jpeg
🙂
Sensationelles Thema für ein Bühnenstück. Bin auch großer Fan alter B-Movies und muss mir das unbedingt mal zu Gemüte führen.
Anmerkung des Blogwarts:
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