Es mag nebensächlich sein: Doch wenn ich eine CD auspacke und mir als erstes eine ganzseitige Anzeigenseite der Luxusmarke »Rolex« ins Auge springt, reagiere ich voreingenommen. Mir ist klar, dass Sponsoren wichtig sind, in diesem Fall stellt sich die Schönbrunner Veranstaltung damit in das Licht derjenigen, die ihren Wohlstand gern zeigen, und das wird möglicherweise einem Teil des Wiener Publikums gerecht – der dargebotenen Kunst indes eher weniger.
Denn Gustavo Dudamel, dessen herausragendes Talent als Nachwuchsdirigent diese CD qualitativ bestimmt, steht gerade dafür ein, mit den Ärmsten der Armen zu musizieren und sein eigenes Orchester quasi aus dem Staub der Straße entwickelt zu haben. Insofern stehen Dudamel und Rolex für die immer weiter auseinander klaffende Schere zwischen Arm und Reich, die sich auch in der Musik spiegelt.
Dieser Einwand soll nun keinesfalls an den verdienten fünf Sternen der Produktion kratzen. Denn musikalisch bieten die Wiener Philharmoniker unter Dudamels Stabführung Hörgenuss der Spitzenklasse. Die spritzig einleitende Polonaise aus der Oper »Eugen Onegin« passt übrigens ausgezeichnet zur Zielgruppe des erwähnten Sponsors, denn Komponist Tschaikowsky spricht mit seinem Werk direkt Aristokraten und Gutsbesitzer an. Das ändert sich aber bereits bei Mussorgsky und Borodin, hier wird bereits eine wesentlich größere gesellschaftliche Spannbreite hörbar. So handelt Mussorgskys mysteriös-orientalischer »Tanz der persischen Sklavinnen« aus seinem unvollendeten Musikdrama »Chowanschtschina« vom Auftritt der Tänzerinnen, die damit Titelheld Oberst Chowansky betören, bevor dieser ermordet wird.
Neben den melancholisch-wild tanzenden Russen kommen Richard Strauss´ »Tanz der Sieben Schleier« aus »Salome«, Amilcare Ponchielles berühmter »Tanz der Stunden« aus »La Gioconda« und als Zugabe eine Zarzuela, Jerónimo Giménez »Intermezzo« aus »La boda de Luis Alonso«, in dem Konzert zu Gehör. Den eigentlichen musikalischen Höhepunkt des Programms bildet jedoch Claude Debussys Opus »La Mer«.
Mit Debussy feierte die Musikwelt 2012 den 150. Geburtstag eines wichtigen Wegbereiters der Moderne. Mit seinen als »La Mer« 1905 (übrigens zufällig das Rolex-Gründungsjahr) zusammengefassten drei symphonischen Skizzen für Orchester schuf der Franzose eine von akademischen Regeln und Lehren befreite Musik, die dem »ewigen Rhythmus« von Wellen, Wind und Natur gehorchte und es dem Orchester wie der Zuhörerschaft nicht ganz leicht macht.
Unter Dudamel werden die Stücke zu einem furiosen Tanz durch die Musik des ausklingenden 19. Jahrhunderts aufbereitet. Mal wird wild und gefühlsbetont getanzt, dann geht es wiederum lasziv und verführerisch zu, und schließlich löst sich alles in einem einzigen Rausch der Klänge auf.
Dances and Waves
Wiener Philharmoniker
Gustavo Dudamel
Summer Night Concert Schönbrunn 2012
http://www.amazon.de/gp/product/B007TSPQDC
Was haben (ausser dem gemeinsamen Geburtstag/Gründungsjahr) Rolex und Debussy sonst noch gemeinsam?
Exelente, meisterhafte Qualität!
Obwohl ich mich aus bestimmten Gründen gegen das Zifferblatt der Rolex und für die Tudorausführung entschieden hatte (vor 30 Jahren bei den Baseler PSI-Tagen in der Schweiz gekauft) – genau wie bei Rolls Royce und Bentley – ist da eine 100% Rolex und ein wirklich zuverlässiger (ich bin auch ausserdem jahrelang mit der Uhr getaucht!) und immer noch ganggenauer automatischer Chronometer im robusten Gehäuse.
So sind, genau wie auch der „musikalische Höhepunkt des Programms“ Claude Debussys Opus »La Mer« – schlicht beides wirkliche Meisterwerke!
Nur zur Sicherheit: Der obige Kommentar stammt nicht von mir. Besitze weder Rolex noch Tudor, sondern lediglich eine große Junghans-Sammlung. 🙂
Mein Lieber, der Name Michael ist zwar äusserst selten, aber der Rolex-Micha lebt auf Costa Rica. Du bist also auf der sicheren Seite 😉
PS. Sollte ich künftig vielleicht besser über Uhren statt über Musik schreiben?
Ich dachte immer, das sei ein Imitat
Eberhard Werdins Werk für Laienbühnen „Die Wunderuhr“ wäre hier vielleicht ein Kompromiss. 😉
Viele Grüße vom Micha, der gestern Klassentreffen hatte und so an seine Mitwirkung in diesem grandiosen und zu Unrecht vergessenen musikalischen Juwel erinnert wurde. 🙂