Ginger Baker, der am Morgen des 6. Oktober 2019 im Alter von 80 Jahren verstarb, galt in der Rockwelt als einer der weltbesten Schlagzeuger. Er lernte von Jazzlegenden wie Phil Seamen, Art Blakey, Max Roach und Elvin Jones und formte mit dem Gitarristen Eric Clapton und dem Bassisten Jack Bruce die erste Supergroup der Rockgeschichte: »The Cream«. Ruprecht Frieling kannte ihn über 50 Jahre.
Ginger Baker: Sex, Drogen und Musik
Von Ruprecht Frieling
Zum ersten Mal erlebte ich Baker und die »Cream« 1967 in der Herforder »Scala«. »I feel free« hieß die Hymne dieser Zeit, und mit diesem Hit begann das Konzert. Ginger thronte hinter seinem gewaltigen Ludwig-Schlagzeug mit zwei Bass-Drums und einem fantastischen Arsenal von Zildjan-Becken. Er trommelte sich die Seele aus dem Leib und vollbrachte Wirbel und Breaks in einer Geschwindigkeit und Komplexität, die den Atem stocken ließ. Vor allem seine Arbeit mit zwei Bass-Drums war epochal. Es klang, als ob ein achtarmiger Oktopus spielt.
In Sekundenschnelle verwandelten Baker und seine beiden Mitstreiter Jack Bruce und Eric Clapton den Saal in einen Hexenkessel. Nach einigen Rhythm & Blues-Nummern warf Ginger ein mitternachtsblaues, mit goldenen Sternen verziertes Cape ab, kippte nach hinten und setzte sich – nur halb vom Bühnenvorhang verdeckt – einen Schuss Heroin. Kurz darauf sprang er wieder an seine Schießbude, um eines seiner legendären zwanzigminütigen Soli hinzulegen: »Toad«.
Als gerade mal 15-jähriger Hobbyschlagzeuger packte mich die Sehnsucht, es ihm musikalisch gleich zu tun und ein zweiter Ginger Baker zu werden. Im Dachboden meiner elterlichen Behausung drosch ich wie ein kleiner Teufel auf ein mickriges Schlagzeug ein und trainierte komplexe Paradiddles, Mühlen und Wirbel. Meine Nachbarn liefen Amok und wollten mich am liebsten wegsperren.
Baker war aber nicht nur ein großartiger Drummer, er war auch ein ebenso schwieriger Charakter. Eine Hassliebe verband ihn mit dem ebenso als Choleriker bekannten Jack Bruce. »Cream« zerbrach am ständigen Konflikt der beiden, und Ginger Baker schuf »Blind Faith«.
Zur Premiere der neuen Gruppe trampte ich nach London und erlebte die Truppe mit zehntausenden anderen Blumenkindern am 7. Juni 1969 gratis im Hyde Park. Eric Clapton und Stevie Winwood waren neben Baker die Eckpfeiler der Gruppe.
40 Jahre später traf sich ein kleiner Kreis mittlerweile ergrauter Blumenkinder in London wieder: Am 4. November 2009 wurde im London Jazz Cafe in Camden Bakers 70. Geburtstag gefeiert, und es wunderte keinen der geladenen Gäste, dass Winwood vierzig Jahre später wiederum zur Klampfe griff und mit dem Jazz-Rock-Bassisten Jonas Hellborg, der Saxophon-Legende Pete King und dem Gitarristen Chris Goss den Jubilar begleitete.
Ginger Baker, der viele Jahren in Afrika gelebt hat, nutzte seinen Auftritt nicht nur, um alte Freunde, treue Fans und langjährige Weggefährten zu begrüßen, er stellte auch seine frisch erschienene Autobiographie »Hellraiser« vor. Nach Clapton und Bruce plaudert damit der dritte »Creamer« aus dem Nähkästchen und schildert sein wildes Leben zwischen Sex, Drogen und Rock n Roll. Nun kann Ginger endlich »the true story, as it happened« erzählen.
Das wilde Leben des Ginger Baker
Geboren wird Peter »Ginger« Baker am 18.08.1939 in London. Er wächst in ärmlichen Verhältnissen auf und muss früh lernen, seine Fäuste zu nutzen. Der Vater fällt im Krieg, doch er hat Glück mit einem Stiefvater. Bereits im Unterricht fällt der Junge, der gelegentlich schon mal eine Jazz-Schallplatte stibitzt, durch rhythmisches Trommeln auf der Tischplatte auf. Seine Mitschüler glauben, er könne Schlagzeug spielen, und auf einer Fete wird er plötzlich gebeten, eine Probe seines Könnens zu geben. Baker nimmt erstmals hinter einem richtigen Drumset Platz, legt los und hat augenblicklich seine Bestimmung entdeckt: er will Schlagzeuger werden.
Doch wie wird man Schlagzeuger? Baker bastelt sich aus einem Spielzeugschlagzeug und Blechdosen ein Drumkit, übt darauf und meldet sich auf eine Suchanzeige im »Melody Maker« zum Vorspielen. Den Musikern erklärt er, sein »richtiges« Instrument sei defekt, darum spiele er mit Behelfsgerät. Frechheit siegt! Der gerade 18-jährige Baker wird Drummer von »The Storyville Jazzmen« und begründet damit seine Karriere als Profimusiker.
Kurz darauf lernt er Phil Seamen kennen, der bereits eine Legende des britischen Jazz ist. Seamen bringt ihm aber nicht nur das Schlagzeugspielen näher, er zeigt ihm auch Heroin. Es dauert nicht lange, und Baker zieht alles durch Mund und Nase, was er erwischen kann. Kurz darauf setzt er seinen ersten Schuss. So startet er nicht nur eine Karriere als Trommler sondern auch als Junkie.
In Kürze lernt er alle Musiker kennen, die in jener Zeit den Ton angeben. Er spielt mit dem Saxophonisten Dick Heckstall-Smith und Bassmann Jack Bruce als Mitglied der von Alexis Corner geführten »Blues Incorporated«. Mick Jagger, den Baker als unfähig verachtet, darf gelegentlich singen, Graham Bond stößt zu ihnen und vollführt musikalische Kunststücke auf seiner Hammond-Orgel. Bald entsteht aus dieser Formation die legendäre »Graham Bond Organisation«.
Viele Musiker lehnten Baker trotz seiner allseits anerkannten Fähigkeiten ab, weil er ein bekannter Junkie war. Sister Morphine saß mit ihm am Schlagzeug, und das Übermaß an Drogen, das Ginger konsumierte, ließen ihn ausfällig und unberechenbar gegenüber Freunden und Bandkollegen werden.
Ginger Baker rauschende Drogenbiographie
Ginger Bakers Autobiographie »Hellraiser« liest sich streckenweise wie eine grandios rauschende Drogenbiographie. Baker versucht zwar immer wieder, von den harten Drogen loszukommen, akribisch erzählt er in seiner Autobiographie von insgesamt 29 Entziehungsversuchen mit Methadon im Laufe von 21 Jahren, doch die Sucht ist stärker. Zu Alkohol, Amphetaminen, Heroin und Morphium kommt bald LSD hinzu, jeder nur denkbare Drogencocktail wird gemixt, und die Konsequenzen bleiben nicht aus: im Vollrausch verliebt Baker sich immer wieder, er kommt fast in einem Schneesturm um, bei Rangeleien mit anderen Musikern wird er wiederholt verletzt und verliert sämtliche Zähne, teure Autos werden zu Bruch gefahren, Freunde kommen durch Überdosen um Baker beschreibt auch die Wesensänderungen, die Bandkollegen durchmachen. Jack Bruce muss wegen unberechenbarer Wutausbrüche aus der Band ausgeschlossen werden, und Graham Bond entwickelt sich von einem eitlen Paradiesvogel, der mit Händen und Füßen mehrere Instrumente gleichzeitig spielen kann, zu einem im Räucherstäbchennebel meditierenden Spiritisten, bevor er schließlich unter den Rädern einer Londoner U-Bahn endet.
Baker lernt Eric Clapton kennen und plant mit ihm die Gründung einer eigenen Band. Trotz Gingers Bedenken einigen sich die beiden auf Jack Bruce als Bassisten, und damit sind »The Cream« geboren. Die Band geht in kurzer Zeit ab »like a fucking rocket«. Das Flower-Power-Publikum gerät aus dem Häuschen, wenn die drei Musiker nur die Bühne betreten. Gagen steigen, Säle werden immer größer, und Clapton und Bruce bauen gigantische Boxentürme auf, um mit immer mehr Power zu spielen.
Baker leidet bald an Hörproblemen, er hockt zwischen den Lautsprecherwänden und haut immer kräftiger auf Trommeln und Becken, um sich wenigstens noch selbst zu hören. Seine Proteste gegen den infernalischen Lärm werden von den beiden anderen ignoriert. Gestritten wird auch um die Urheberschaft an den einzelnen Titeln, denn sehr demokratisch geht es im »Cream«-Team nicht zu, und es geht um viel Geld.
1969 trennen sich die Weg der drei Cream-Heroen, und Baker formiert gemeinsam mit Stevie Winwood die nächste Supergroup. Das ist »Blind Faith«, bei der wiederum Clapton mitspielt. Es folgt »Ginger Bakers Airforce« mit der Sängerin Jeanette Jacobs, Gitarrist Denny Laine, Organist Stevie Winwood, den Bläsern Harold McNair und Graham Bond, Rick Grech am Bass und Phil Seamen als zweitem Schlagzeuger.
Auch diese Formation hält nicht lange, worauf Baker sein Glück in Afrika versucht, um Abstand zu gewinnen, den Tod seines Vorbilds Jimi Hendrix, der am Erbrochenen erstickt ist, zu überwinden und von den Drogen loszukommen. Afrika ruft den Drummer, denn Bakers Qualität gründet auf seinem Afrika-Feeling, das seine Spieltechnik unvergleichlich macht. Er hat Afrika im Blut und ist bis heute der einzige weißhäutige Trommler, der auf dem schwarzen Kontinent anerkannt und gefeiert wird.
Ginger Baker hat Afrika im Blut
In Nigeria baut Baker das erste Tonstudio Westafrikas auf und spielt mit dem Afrobeat-Star Fela Anikulapo Kuti. Der Nigerianer kommt mit zwei Dutzend knackfrischer Ehefrauen zu den Jazztagen nach Berlin, die er stolz auf einer Pressekonferenz präsentiert, ihnen dann jedoch den Mund verbietet.
Beim abendlichen Konzert versackt Baker, den ich an dem Tag fotografiere und interviewe, mit mir in einer Spielpause an der Theke im Musikerrestaurant der Philharmonie. Der Meister ist bereits schwer angeschlagen, als der Veranstalter bemerkt, dass alle Musiker auf ihren Plätzen sind und weiter spielen wollen, nur Baker fehlt.
Wir beide stehen immer noch am Tresen, lachen und saufen. Baker hat keine Lust mehr und lässt sich nur widerwillig an seine Schießbude zerren. Ich wanke hinter ihm her und erreiche mühsam meinen Fotografenplatz in der ersten Reihe. Dann geht das Konzert weiter.
Bakers Karriere in Nigeria dauert nur kurz, er erlebt ein finanzielles Fiasko und rutscht wieder in die Drogenhölle. Getrennt von Frau und Kindern flieht er in die Toskana, um Missernten und eine weitere gescheiterte Ehe produzieren zu dürfen.
Immer neue Bands entstehen: »Bakers Gurvitz Army, »Masters of Reality«, »BBM«. Er zieht weiter nach Los Angeles, dann nach Colorado, wo er mit der Zucht von Poloponys beginnt. Schließlich siedelt er in KwaZulu-Natal in Südafrika, wo er auf einer eigenen Farm Pferde züchtet, Polo und Schlagzeug spielt und sich mit den Nachbarn streitet.
In Mai 2005 kommt es noch einmal zu einem legendären »Cream Reunion« Konzert von Baker, Bruce und Clapton. Drei Tage sind die »Royal Albert Hall« total ausverkauft, Tickets werden zu 1.000 Euro gehandelt, und das Trio erlebt Begeisterungsstürme wie in alten Zeiten. Die Band spielt auch noch in den USA, dort brüllt Bruce jedoch Baker plötzlich unvermittelt auf der Bühne an, und die beiden gehen vor dem Publikum offen aufeinander los. »Cream« zerbricht ein zweites, allerletztes Mal.
Wer »Hellraiser« liest, bekommt einen tiefen Einblick in die innere Welt vieler Superstars von Clapton bis Hendrix. Es ist teilweise erschütternd, wie das wilde Leben zwischen Sex and drugs and rock ´n´ roll wirklich war und was sich hinter den teilweise glamourösen Kulissen abspielte.
Diese Autobiographie ist ein Zeitdokument, das seinesgleichen sucht und auch demjenigen, der kein Baker-Fan ist, einen Schlüssellochblick in die Welt von Sex, Drogen und Rock n Roll gestattet.
Ginger Baker trommelt wie ein achtarmiger Oktopus
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Kurz vor Alexis Corner das erste Male in Ulm ein Konzert gab, übte unsere erste Band. Das Schlagzeug natürlich selbst gebastelt; die akustischen Gitarren über Mikrophon,einen jämmerlichen Verstärker und noch jämmerliche Boxen verstärkt. Creamstücke standen hoch im Kurs; keine Band, die nicht „sunshine of your love“ im Repertoire hatte. Ginger Baker war einer der ganz Großen! Das Drama hinter der Fassade des glänzenden Musikers blieb uns lange verborgen.
Du warst der Drummer?
Nein. Ich zupfte schon immer die Saiten…
Das sind die Sensiblen ;D
Alexis Korner tingelte viel durch Deutschland, ich habe ihn mehrfach gesehen. Leider ist er schon früh an Krebs verstorben.
Ja, auch er ein toller Musiker. Er spielte einige Male hier und kam anschließend in die wichtigste Diskothek der Stadt die „Tangente“.
Ulm war wohl schon immer das Mekka des Rock ;D
Treffender kann man es nicht formulieren…
Als ich 1974 Schlagzeug zu spielen anfing, habe ich ihn schon verehrt.
Wirklich ein klasse Typ und ein toller Künstler,
Wir werden hier noch einen Drum-Blog gründen! Spielst du denn noch?
Nein, nicht mehr.
Nach 25 Jahren, verbracht in Proberäumen und auf Bühnen, habe ich aufgehört.
Nun mache ich mein eigenes Ding, mit Logic Audio. 🙂
http://www.apple.com/de/logicstudio/what-is/
Interessant. Ich bin über GarageBand nie hinaus gekommen, und auch da nur ein Stümper.
Nun, bei mir läuft das auch nur so lala!
Seitdem ich über 1000 Songs bei einem Festplattencrash verloren habe, macht es mir kaum noch Freude. 😉
Das klingt wie der Brand der Bibliothek von Alexandria!
irgendwie sind die jungs von damals teilweise stabiler, was die drogen angeht, mein sohn geht ja schon bei wesentlich weniger auf die bretter resp. auf die sanitäter-trage 😉
Vor 2 Monaten war ein Artikel über ihn samt Interview im ROLLING STONE, somit bin ich einigermaßen unterrichtet, auch über den fragwürdigen Umgang mit Nachbarn und Lebensgefährtin. Allerdings ist der Bericht eines Augenzeugen wie dir natürlich um einiges aufschlussreicher!
P.S.: Einspruch, little Drummer Boy: Der weltbeste Schlagzeuger war und ist natürlich Charlie Watts. :yes:
Liebe Marion, aus »streng wissenschaftlichen Gründen« habe ich mich in meinem Leben mit der einen oder anderen Droge theoretisch befassen müssen und deshalb darf ich sagen: es ist unglaublich, was die Typen weggeknallt haben
;D
Ich würde mich dann schonmal mit Anmelden im Drumblog. :yes:
Drummer und Percussionist in einem Mittelstufenorchester, außerhalb des Orchesters bandloser Garagenbolzer.
Darf ich mitmachen? 🙂
Der Artikel im ROLLING STONE war erstklassig, ich habe ihn gelesen
Charlie Watts und Baker sind heute noch befreudet. Im Dezember 2008 überreichte Watts ihm den Zildjan Achievement Award im Shepherds Bush Empire. Die beiden kennen sich von Jugend an, Baker empfahl Watts Brian Jones, der mit ihm darauf die Rolling Stones gründete.
@Rimi71 Wäs hältst du von einem Drum Battle à la Baker?
http://www.youtube.com/watch?v=SqA292l9Kng
Du hast natürlich recht: Charlie und Brian haben die Band gegründet, auch wenn Mick und Keith das wohl nicht so gern hören. 😉
Ich hatte das Glück, einige Stones-Konzerte zu erleben. Charlie wurde jedesmal besonders gefeiert, das Publikum hat ein feines Gespür dafür, dass er die Seele der Band ist und den Laden zusammenhält.
Er spielt auch als Schlagzeuger weniger schlicht als es auf den ersten Eindruck wirkt.
Hammergeil! :yes:
Was muss ich anstellen, um dort inhaftiert zu werden? 😀
Ein Drumbattle war Schuld, das ich Drumnmer wurde. Der kleine Rimi hat Ende der 70er die Muppetsshow gesehen, und da war es, das legendäre Drumbattle von Animal und Buddy Rich: http://www.youtube.com/watch?v=n_BmeBfV-O4
Hat zwar bis mitte der 80er gedauert, bis ich meine Eltern überzeugen konnte, das ich genau DAS machen will, aber nun ja. 🙂
Für mich pflegt er das typisch britische Understatement, mit stiff upper lip und allem, was dazu gehört.
Ja, das Video ist weltbekannt!
ein feiner Kerl
ein treffender titel für die autobiography …
🙂
Auf jeden Fall!
ob die wohl die vorlage für die gleichnamige horrorfilmreihe war … ?
🙂
Horrorfilmreihe? Kenn ich gar nicht!
hoookuuspookus….
hier isser…
http://www.youtube.com/watch?v=JkNSTtRED1E
🙂
Du guckst ja Streifen ;D
da ist auch eine gewisse portion humor drin …
🙂
Habe ich in dem Trailer nicht gleich bemerkt
so ein trailer soll ja auch eher zum „anfüttern“ sein….
🙂
Schon okay, ich habe kein Problem damit 😉
ist halt nich jedermanns „sache“ ….
🙂
Gegen den Strom:
Baker war kein sonderlich guter Drummer – was immer „gut“ heißen mag. Er war nur derjenige Mensch, der zur rechten Zeit die richtigen Fäden in die Hand bekam. Er war einer der wenigen, die das Glück hatten, von den Medien wahrgenommen zu werden, und wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, schienen uns damals sämtliche Mitglieder sämtlicher Bands alle als „Superstars“, vollkommen losgelöst von ihren technischen oder musikalischen Fähigkeiten. Da reichte es schon, dass, wie Baker, jemand zwei bass drums nebeneinander (abgeguckt bei Louis Bellson) oder den Moog auf die Bühne stellte.
Bakers „Toad“ ist/war eine Demonstration seines brachialen Drummings: zehn Minuten durchgehend gleichbleibend schnell und laut, kein bisschen filigran, kein bisschen dramaturgisch – und deshalb nur bedingt „musikalisch“. Er trommelte „Toad“, wie er bei Cream spielte. Ein Haudrauf! Sein „Markenzeichen“ war seine Einfalt in musikalischer Hinsicht. Und dadurch hat er natürlich beeindruckt, was war ich froh, als ich die ersten vier Takte von Toad Nachtrommeln konnte – bei In-a-gadda-da-vida kam ich sehr viel weiter ! (Übrigens eine Gemeinsamkeit, lieber Rupi, die uns eint, wenn ich das deinem Artikel richtig entnehme – auch ich habe jahrelang getrommelt und sogar Geld damit verdient, richtiges Geld für mich Sechzehn-, Siebzehnjährigen!)
Küblers Baker-Vergleiche auf Facebook mit Lenny White und Billy Cobham sind insofern ungerecht, als die in einer ganz anderen musikalischen Liga spielten. Unabhängig davon: Cobham war Gott, Lenny White ein Göttchen. Und als Baker 1972 während der Olympischen Spiele in München in einem „drum battle“ gegen Art Blakey antrat, fiel mir sofort auf, was mich vier, fünf Jahre vorher schon an Baker gestört hatte: sein begrenztes Repertoire. Darin ähnelt er Heinz Rühmann, der konnte auch nur ein Gesicht.
Ums mal praktisch zu machen: Nahezu sämtliche Drummer der Jetzt-Zeit nennen zwei Männer als Vorbilder. Der eine heißt Bernhard Purdie, der andere John Bonham. Schlag nach bei Jeff Pocaro (Toto), frag nach bei Marco Minnemann, vertraue auf Steve Gadd – oder auch Thomas Lang.
Eine der putzigsten Demonstrationen von allem, was auf dem Schlagzeug so angestellt wird, stammt von Bernhard Purdie. Prädikat: dringend anschauen.
Hier Purdies Demonstration
»» https://www.youtube.com/watch?v=aLHQG20Xsyg
Steve Gadd mit einem der wohl berühmtesten usw.
»» https://www.youtube.com/watch?v=CMpJRowfQ_8
Jeff Pocaro, „Shuffle Groove“ (hier erwähnt er Bonham und Purdie)
»» https://www.youtube.com/watch?v=NMI81yIlT0Q
Thomas Lang bzw. Marco Minnemann in der Audition bei Dream Theatre
»» Thomas Lang ab 5:38″
»» Marco Minnemann ab 16:05″
»» https://www.youtube.com/watch?v=NiDZKY96H9Y
Schau sie dir an, Rupi! macht wirklich Spaß!
Danke für die interessanten Hinweise, Lieber Johannes. Im Unterschied zu dir habe ich allerdings nie Geld mit dem Schlagzeug verdient, wenn man davon absieht, dass ich auf dem Schulhof des Gymnasiums Autogrammkarten für eine DM verkauft habe und mit. »Ginger II. Baker« unterzeichnete 😉
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Ich vermisse natürlich als Teil eines Besucherkomplotts in den Achtziger Jahren in Westberlin im Quartier Latin (RIP) die Erwähnung dieses Konzerts, welches der Berichterstatter hier oben gemeinsam mit mir (hier unten) goutierte. Vielleicht ist die Erinnerung daran verblasst, was ich noch konkret genug weiß: Ginger Baker thronte inmitten von lauter schwarzen afrikanischen Musikern wie King Louie und solierte wie ein Teufel. Das Metrum seines Solos orientierte er dabei an einer verflixt und zugenäht zu beschreibenden Hihat-Arbeit, die er stets in einem schwierig zu verstehenden Gegentempo trat (es war kein Vier-Viertel-Muster). Dies erinnere ich als totale „Independence“ – Was nun die Eröffnung eines Drumblogs angeht, hab ich meins verlinkt angegeben, frecherweise. Bis bald mal wieder, ich
Lieber Tommy T. Tulip, ich erinnere diverse Konzerte mit Baker in allen möglichen Formationen und an diversen Orten, die ich hier nicht einzeln hervorheben möchte, um im Rahmen zu bleiben. Dazu gehören Spielstätten vom einstigen Quartier Latin in Berlins Potsdamer Straße über das Greenhouse in Münster bis hin zu Clubs in Amsterdam.
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