Die Theatermaske »Erdkugel mit beweglichen Augen« stammt aus der Werkstatt des berühmten Kostümplastikers Eduard »Eddi« Fischer. Seine Plastik wurde eingesetzt in Manfred Wekwerths Inszenierung von Bertolt Brechts »Das Leben des Galilei«. Das Stück handelt vom Leben des großen Naturwissenschaftlers, der angesichts der Folterinstrumente der Heiligen Inquisition seine Lehre von der Bewegung der Erde widerrief. Am 10. Februar 1978 hatte das Drama Premiere in Brechts Hausbühne, dem »Berliner Ensemble« am Schiffbauerdamm.
Der 1916 in Chiesch bei Karlsbad geborene, ungewöhnlich innovative Theaterplastiker Eddie Fischer versorgte die Theater in der halben Welt mit seinen einzigartigen Masken und Plastiken. Mit Feuer speienden Drachen für Wagners Oper »Siegfried«, steinernen Gästen für »Don Giovanni« und beweglichen Kühen für Händel-Opern schrieb er Theatergeschichte. Fischer zählte zum engsten Kreise der Künstler, die am Berliner Brecht-Theater arbeiteten. Fischers Kollegen waren Helene Weigel, der Chefdramaturg Joachim Tenschert, der Komponist Paul Dessau, der Bühnenbildner Karl von Appen, die Schauspieler Ekkehard Schall, Ernst Busch, Hilmar Thate.
»Eddi Fischer«, erinnert Gisela May, die Grande Dame des Berliner Ensembles, »war ein Unikum. Der baute alles, was wir brauchten. Er hat eine Kuh hergestellt, die mit den Augen blinkern und die Zunge rausstrecken konnte«.
Fischer verdankt seinen Ruf in erster Linie seinen Kostümplastiken von Tieren, angefangen von den ersten Arbeiten auf die diesem Gebiet für das Märchen »Das Tierhäuschen« von Samuil Marschak bis zum Drachen aus dem gleichnamigen Bühnenstück von Jewgeni Schwarz am Deutschen Theater Berlin sowie der Kuh in der Inszenierung »Purpurstaub« von Sean O`Casey am Berliner Ensemble.
Ebenso bedeutsam sind Fischers Theatermasken. Auf diesem Gebiet erarbeitete er 1954 gemeinsam mit Bertolt Brecht und Karl von Appen für die Inszenierung »Der Kaukasische Kreidekreis« die ersten Masken. Neben dem »Berliner Ensemble« schuf Eddi Fischer seine Theaterplastiken auch für das »Deutsche Theater«, die »Deutsche Staatsoper«, die »Komische Oper«, die »Volksbühne« und viele andere mehr. Markenzeichen seiner Tiernachbildungen und Masken waren schöne runde Glubschaugen, die oft zu Lacherfolgen führten.
Die Kostümmaske »Erdkugel mit beweglichen Augen« steht als Unikat typisch für die Kunst des Plastikers. Die gewaltige Erdkugel wurde einem Schauspieler übergestülpt, der damit auf die Bühne ging. Mit einem raffinierten Gestänge, das im Inneren der Kugel verborgen ist, konnte er die Augen der Maske bewegen. Bei einem Gewicht von vierzig Pfund hatte der Mime mit dem Ungetüm einiges zu schleppen, und es wird ihm unter der Last der Weltkugel auch mächtig warm geworden sein.
Eduard Fischer verstand sich als Kascheur. Für ihn umfasste dieses Gebiet: Theaterplastik, Kostümplastik, Herstellung von Spezialmasken, Requisitenanfertigung, Gliederpuppenherstellung und viele andere Arbeiten.
Weiterführende Literatur:
Werner Ruppelt: Eduard Fischer Kostümplastiken für das Theater. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft Berlin (DDR) 1975
Habe die hübschen Augen gestern schon entdeckt und war auf die Geschichte dazu gespannt. Klasse gebaut, obwohl ich das Ding nicht balancieren möchte.
Das Ding ist genial gebaut, aber nur für breite Schultern geeignet!
Gott sei Dank hast du im letzten Satz erwähnt, wer stolzer Besitzer der Kugel ist. Aber Rupi, wo nur hin mit all den tollen Dingen. Das ist ja alles andere als eine Menagerie in Hosentaschenformat!
Hallo Lilly!
Auf diesem Blog zeige ich nur Dinge aus meiner eigenen Sammlung bzw. eigener (Hobby-)Produktion. So entsteht langfristig vielleicht ein virtuelles Museum. Praktisch ist es natürlich ein Problem, alles zu lagern und aufzuhängen, aber bislang klappt es noch
Im Fall Eddi Fischer finde ich besonders wichtig, das Werk großer Meister vor dem Vergessen zu bewahren. Das BRD-Bundesarchiv besitzt lediglich eine einzige Arbeit Fischers, und die ist nicht einmal typisch. Ansonsten gibt es kaum einen Hinweis, keinen Lexikoneintrag, keine Literatur.
Eddi Fischer ging es wie vielen andren DDR-Größen: sie verschwanden mit der Auflösung des Staates von der Bildfläche im Okus des Vergessens.
Arbeitet denn Fischer nicht mehr in seinem Fach?
Eddie hatte sein Atelier auf einem grösseren Gelände im weitesten Sinne gegenüber vom Deutschen Theater. Ich war sehr oft nach der Schule da. Er nannte sich „Kaschierer“, nach der Technik, immer Schichten von Papier übereinander zu legen und so Masken zu formen. Ich habe heute noch den Geruch in der Nase, dieser süssliche Klebstoff… und mittendrinn dieser sanfte Eddi,, der immer „niwwar“ (nicht wahr) sagte.
Schon lange nicht mehr. Die Erdkugel ist von 1977.
Ich weiß nicht mal sicher, ob er noch lebt.
Annette, jetzt bin ich platt! Ist es nicht unglaublich, welche Verbindungen und Informationen plötzlich im Internet zusammen fließen?
Was ist denn nach der Wende aus ihm geworden, weißt Du da vielleicht Näheres?
Vor einigen Jahren habe ich im Spiegel gelesen, dass er gestorben ist – ein Nachruf mit viel Achtung, er scheint einfach weiter gearbeitet zu haben. Er war ja sowieso ein totaler Sonderling – hatte eine schwere Kopfverletzung aus dem Krieg. Er war mit Johanna sehr eng befreundet und kam sehr oft am Sonntag. Und für Kinder – man konnte jeden Blödsinn mit ihm machen.
Den hätte ich wirklich gern kennen gelernt!
Danke für diese zusätzlichen Informationen!
Den hättest du gemocht, das war ein wirklich lieber Kerl, sehr bescheiden. Irgendwie bömischer Herkunft, so einen Charme. Bisschen Schwejk, extrem gebildet… ich war leider sehr jung, ich würde die Bekanntschaft jetzt auch gerne auffrischen.
Lies mal meinen Kommentar zu Eddi Fischer hier, Lilly, dann muss ich nicht alles nochmal schreiben. Ich kannte den gut.
Glaube ich gern!
Schau der Erdkugel in die Augen und denk an ihn. Wer so verrückte Dinge baut, der muss einfach im positiven Sinne schräg sein!
Gelesen!
Unwahrscheinlich wie man sich innerhalb der Blogger durch gemeinsame Interessen, oder Erinnerungen vernetzen kann.
Schöne Geschichte!
Hab ja auch ein wenig jetzt recherchiert. Wirklich schade, dass man ihm nicht irgendwo eine wiki-Seite schenkt.
Ich habe auch die ganze Zeit umsonst nach ihm gesucht. Wenn ich was finde, setz ich hier den link hin. Eigentlich müsste der ziemlich bekannt sein, er hat diese Technik, mit der er seine feuerspeienden Drachen gemacht hat, quasi erfunden. Wenn du willst der Wegbereiter für alle Dinosaurier jetzt.
Da ich bei Wikipedia ein wenig mitwirke, stelle ich die Seite gern und sofort ein, sobald ich wenigstens die Eckdaten habe.
Vielleicht hilft dabei auch das antiquarische Buch, das Du entdeckst hast, weiter!
Es ist wirklich unglaublich spannend, wie sich Informationen und Erinnerungen hier zusammen fügen. Vielleicht kommt noch mehr!
Vielleicht hilft auch eine Anfrage im Nicolaihaus, wo sie drei Exponate ausgestellt hatten. Es war eine Ausstellung der Stiftung Stadtmuseum Theater in Berlin, oder gleich direkt dort.
Hast Du mich wieder auf der faulen Haut erwischt, Lilly!
Habe das Stadtmuseum schon angeschrieben. Gute Idee!
😉 Sagst uns dann, ob du weitergekommen bist!
Auf jeden Fall!
Eine spannende Geschichte! Ich glaube, ich muß mir meine Kunst- und Kulturrüpelei langsam aber sicher abgewöhnen.
Danke, großer Meister! Ich werde die Spinatwachtel zurücknehmen und gebührend rupfen…
Da Du in einer der prächtigsten Kulturstädte Europas lebst,
solltest Du mit gutem Vorbild voranschreiten, Sir!
Interessantes Konzept, dass du nur über Werke schreibst, die sich in deinem Besitz befinden. Ein Freund von mir macht es ähnlich, er sammelt auschließlich Bilder von Leuten, zu denen er eine persönliche Beziehung hat. Inzwischen hängen seine Wände voll. Will sagen, ein ausdrücklich subjektives Kriterium ist ein guter Einstieg in Sammlertätigkeit.
Ich versuche hier, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Längst schon wollte ich alles erfassen und dokumentieren. Der Kunstblog schien mir der erforderliche Tritt in den Allerwertesten zu sein. In meiner Höhle bin ich von Bildern, Plastiken und Objekten umgeben, die von Menschen geschaffen wurden, zu denen ich einen (teilweise sehr persönlichen) Bezug habe. Das versuche ich nun, zu ordnen
In meiner Literaturzeitschrift, die ich mittlerweile auch hier blogge, versuche ich es ähnlich. Jedes Buch, das ich lese, beschreibe ich mit ein paar Zeilen. So kann ich genau verfolgen, wann ich was gelesen habe. Leider habe ich mit diesem Plan vierzig Jahre zu spät begonnen.
Beim Opernblog komme ich leider nicht nach: ich schaue mir sehr viel mehr an, als ich hier spiegele. Tja, und dann müsste doch eigentlich noch ein Theaterblog her
liebenswerte skulptur von einem großen und-vielen dank,frieling-nicht von allen vergessenem und verdrängtem künstler.vielleicht guckt sie so skeptisch,weil sie auch noch nicht darauf gekommen ist,wieso 40 pfund 8 kilo sind? oder fielen die jetzt fehlenden pfunde vllt.-wie so vieles aus der ddr-auch der abwicklung zum opfer?fragen über fragen…;-)
Du hast als Einzige die versteckte Testaufgabe bestanden! Glückwunsch! Jetzt kann ich es ja korrigieren
😉
😉
😉
aber nicht,daß ich die überflüssigen pfunde jetzt als hauptpreis zugeschickt bekomme ;-)))
Pfiffige Idee, jetzt weiß ich endlich, wohin damit!
nö,nö…dann erkläre ich hiermit und im einklang mit pisa ,daß 40 pfund 8 kg sind.sicher gibts da so einige,die dadurch auch gleich frieden mit ihrer waage schließen 😉
Wir könnten die Pisa-Waage für Damen ab sechzig (Kilo) vermarkten
😉
puh…nochmal glück gehabt.brauch dann vorerst keine zu kaufen 😉
😉
Wenn die Erde Augen hätte, dann fehlen aber noch die Tränen, wenn man sieht was die ganzen Menschen auf der Welt mit ihr veranstalten.Sie würde weinen.
Fischer war als überzeugter Kommunist vermutlich auch Optimist.