Erstmals fand jetzt eine Buchmesse für Verlage, Autorinnen und Autoren aus Brandenburg in der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam statt. Aussteller aus vielen Teilen des weiten Flächenlandes sowie der Landeshauptstadt zeigten große, kleine und preisgekrönte Buchkunst sowie Bücher mit und für Lyrik, Fotografie, Belletristik, Sach- und Künstlerbücher, populärwissenschaftliche Werke sowie eine Vorschau von Veröffentlichungen zum Fontane-Jahr.
Von Hans Jörg Rafalski
l. Dezember 2018, 10 Uhr. Die große Deckenbeleuchtung im Veranstaltungssaal der Potsdamer Stadt- und Landesbibliothek wird eingeschaltet und lässt die frischen, weißen Handschuhe bei den Büchern erstrahlen. Ja, derart besonders und wertvoll sind einige unter Brandenburgs schönsten Büchern, dass dieser unausgesprochene Hinweis aus Baumwolle ausliegen musste, dem Ganzen so zugleich Feierlichkeit verlieh. Wer hatte gedacht, dass Brandenburg so schön sein kann, wie sich das mit einem Mal auf den Ausstellungstischen seiner Buch-Macher zeigte?
Der Tag war mit der Ankündigung der Buchmesse auf dem Titel der Potsdamer Neuesten Nachrichten eingeläutet worden, und das exakte 203 Millimeter im Lesefluss vor der Information über die Verleihung eines Innovationspreises für das Potsdamer Hasso-Plattner-Institut an erster Stelle. Das war ein Fanal, ein Anspruch vor der Unbestimmtheit der Uraufführung. Nachdem Brandenburgs Buchmacher von der Leiterin der Potsdamer Stadt- und Landesbibliothek, Marion Mattekat, willkommen geheißen wurden, füllte sich der Saal und leerte sich bis kurz vor 16 Uhr nicht mehr. Rund 300 Besucher kamen und sahen sich um. Dabei fielen die hohen Ansprüche, das große Interesse, ja die Neugier des Publikums auf Brandenburger Bücher auf.
Die Besucher aus Brandenburg und aus Berlin kamen nicht, um distanziert zu schauen oder Goodies einzusammeln, sondern sie ließen sich auf eine intime Entdeckungsreise in ein papiernes Brandenburg ein. Sie kamen mit den anwesenden Verlegern und Autoren iins Gespräch und erfreuten jene sogar mit ihrer Bereitschaft, Brandenburger Bücher selbst im hohen Preissegment der Sammler des ganz Besonderen zu erwerben.
Die Messe präsentierte die brandenburgische Buchlandschaft in einer thematischen und stilistischen Vielfalt und auf einem Qualitätsniveau, wie es bislang wohl einmalig war. Wissenschaftliches, Lyrisches, Narratives, Schwules, Fotografisches, Handwerkliches, Objekthaftes, Sinnliches, Illustriertes, Kunstvolles – jeder Aussteller öffnete ein Schaufenster auf Eigenes, auch Eigenwilliges.
Wenn es bei den Brandenburger Kreativen um das Ausleben ihrer Visionen geht, dann erscheinen die Skalen nach oben offen. Fast selbstverständlich scheint, dass Brandenburger Buchmacher auch viele Preise der Branche erobert haben: Jürgen Strauss aus Potsdam, Manuela Busch und Frank Wiemeyer waren mit ihrem Bildband über die Uckermark für den deutschen Fotobuchpreis nominiert, vacat und die Edition Galerie Vevais sind für ihren Anspruch, für buchgestalterische Qualität und entsprechende Auszeichnungen bereits bekannte bunte Hunde in der Branche.
Die Diskussionen um die Schwäche des Landes Brandenburg zum Thema »Identität«, haben einen langen Bart, doch auf der Buchmesse fanden fünfzehn kreative Entwickler visueller und sprachlicher Handschriften zusammen, die viele Facetten Brandenburgs mit ihren vielfältigen Ausdrucksformen zur Sprache bringen und im wahrsten Sinne des Wortes Identität prägen. Die weitschweifige Leichtigkeit des pastellnen Potsdam findet sich im gesamten Verlagsprofil des vacat-Verlages emotional-atmosphärisch und zum Teil jenseits des Konkreten wie ideal in einem Spiegel.
Die das Oderbruch bezeichnenden, im Novemberdunst stakenden Weidenkadaver tauchen in den typografischen Entsprechungen rauschender Radierungen von Christiane Wartenberg wieder auf. Die stillstehende Größe der »Uckermark« liegt erstarrt in den Fotos von Frank Wiemeyer und reflektiert in den der Landschaft zugemessenen knappen Worten von Manuela Busch. Das immer noch gesuchte und ersehnte glanzvolle Berlin der Erinnerung, die alte Hauptstadt und der heutige Vorort Brandenburgs, führt auf den antiquierten, doch immer noch voller jugendlicher Frische steckenden Maschinen der Edition Schwarzdruck in Gransee mit um so viel mehr Authentizität ein Leben nach dem Tode, als es die Buntmacher und Verkitscher in der Metropole heute selber vermögen. Der Havellandschaft gibt Rainer Ehrt ein Gesicht in seinem Fontanorama in einer Expressivität, wie das kein Photoshopbildband der Tourismusforscher vermag. Mit Sterben und Vergänglichkeit befassen sich sowohl die raumforschenden Arbeiten Constanze Kreisers als auch die von Hans Jörg Rafalski in Bezug auf den Verlust der grandios und in der Mark bedeutend gewesenen Industriesphäre des Finowtals.
Die Teilnehmer, die unter anderem aus Gransee, Schwedt, Cottbus und Brandenburg/Havel angereist waren, zeigten sich von dem neuen Messeformat und vom hohen Anspruch der Besucher begeistert.
Dass es eine Zweitauflage der Buchpräsentation geben soll, stand im Ergebnis der Veranstaltung fest. So laden wir bereits heute zur 2. Brandenburger Buchmesse am ersten Dezemberwochenende 2019 nach Potsdam ein.
Hans Jörg Rafalski, Autor des Beitrages, ersann die Veranstaltung und stemmte sie ohne fremde Mittel allein.
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