Das Traumpaar der internationalen Opernszene, Anna Netrebko und Rolando Villazon, ist derzeit in Berlins Staatsoper Unter den Linden in »Manon« von Jules Massenet zu erleben. Fans überschlagen sich und geraten völlig aus dem Häuschen, weil die wunderschöne russische Sopranistin als die Verkörperung der Manon gilt und mit ihrem glutäugigen Partner, dem mexikanischen Tenor, große Oper vom Feinsten präsentiert. Foto: KFM/Pixelio.de
Der Fünfakter »Manon« (1884), leicht zu verwechseln mit der häufiger gespielten Oper »Manon Lescaut« (1893) von Giacomo Puccini, ist rasch erzählt. Die sechzehnjährige Manon lässt sich in einer Bahnhofskneipe von Chevalier des Grieux abschleppen und führt mit ihm ein Lotterleben im sündigen Paris. Für Luxus und Glitter verrät sie jedoch seine Liebe. Der düpierte Chevalier wird Priester, um dem weltlichen Leben zu entsagen, Frieden zu finden und seine Geliebte zu vergessen. Sie lebt dagegen ihre Schönheit und Jugend aus.
Das geht nicht gut. Die Glitzerlady bereut ihr Verhalten und sucht reumütig ihren Chevalier auf. Sie verführt den braven Mann in seiner Kirche und lockt ihn außerdem auch noch in ein Spielcasino. Dort gewinnen sie so verdächtig viel, dass sie des Betrugs angeklagt werden. Während sich der Chevalier durch seinen guten Namen rein waschen kann, ist das Mädchen verloren. Sie endet, wo auch Hotelerbin Paris Hilton landen soll: im Gefängnis. Ihr Lover sucht sie dort noch einmal auf, sie befindet sich jedoch bereits im Stadium der Verwesung und stirbt in einem infernalisch flammenden Sonnenuntergang in seinen Armen.
Die farbenprächtige Berliner Inszenierung des Quereinsteigers Vincent Paterson mit Broadway-Kostümen von Susan Hilferty verlangt insbesondere der Figur der Manon eine stetige Wandlungsfähigkeit ab. Anna Netrebko verwandelt sich sekundenschnell von der blutjungen Kokotte im Baby Doll zur Grande Dame. Mal tritt sie als Verführerin im mephistophelisch roten Kleid auf, dann verkörpert sie Marilyn Monroe mit Blondhaar und weißem Kleidchen. Schließlich endet die Schönheit als verhärmter Häftling in Sack und Asche.
In der Inszenierung wird der neue Trend im Musiktheater unübersehbar: galten bislang quallige Sänger als selbstverständlich, sind es heute charismatische Interpreten mit erstaunlichen schauspielerischen Talenten. Hieß es früher, wer ein großes Stimmvolumen habe, benötige auch einen entsprechenden Resonanzraum und müsse folglich einer Tonne gleichen, gilt dies inzwischen als Humbug. Netrebko und Villazon beweisen: es gibt Sängerinnen und Sänger, die blendend aussehen und brillant singen können. In »Manon« treffen It-Girl und Latin Lover aufeinander.
Video-Ausschnitte HIER
Am 19. Mai 2007 um 19 Uhr überträgt die Staatsoper Unter den Linden live und umsonst die Aufführung von »Manon« mit dem Super-Duo auf den Berliner Bebelplatz.
HIER gibt es meine Besprechung von »Figaros Hochzeit« mit Anna Netrebko von den Salzburger Festspielen 2006
Das finde ich erstaunlich: am Anfang des Artikel wollte ich mich selbst bezichtigen (das mache ich recht gerne, es hat schier was Erotisches), daß ich die Zeit verpennt hätte, denn mir fällt zu „Oper“ immer nur die sarkastische, gleichwohl aber zutreffende „Kritik“ Jack Londons/Martin Edens ein, es fiele ihm schwer (hier sinngemäß rekonstruiert vom Dino), sich in eine auf der bürgerlichen Bühne dargestellte glühende Liebesgeschichte einzufühlen, wenn die Darstellerin der schlanken, jugendlichen Hauptheldin als dröhnende Zweizentnerin aus den Kulissen gerollt würde, und nun stellt sich dank der Forschungen des Lehtstuhls für Frielinguistik heraus, daß ich da nicht ganz unapptuhdäht zu sein scheine…
Mein Entzücken ist gewissermaßen meinerseits; dies angemerkt habend, zieht sich zurück
Der graphomanische Dinosaurier, Opern-Opa
Und zu „Traumpaar“: ich wollte immer meine Freundin werden, aber ihre Eltern sind dagegen…
netrebko ist einfach unglaublich – und in jeder rolle, in der ich sie bisher gesehen habe, wunderschön, auch optisch
Frau Netrebko ist nun wirklich eine Augenweide. Dazu brauch es noch nicht einmal eine Oper.
http://www.arte.tv/de/kunst-musik/oper/104334.html
War gestern auf ARTE
Warte bis die Eltern alt und rasselig sind, dann kommt Ihr zusammen
😉
Das war die Aufzeichnung der Premiere, während in der inzwischen vierten Vorstellung am gestrigen Abend Villazon indisponiert war und Fernando Portari das schwere Amt übernehmen musste. Da der Ersatztenor zu den Schwergewichten zählt, bangte das Publikum um die Unversehrtheit der Netrebko, wenn er sich auf sie warf
Aaaalso die Netrebko …. zugegebener Maßen hat sie ein sehr erotisches Auftreten und auch ihre Stimme ist toll. Wie sie sich inszeniert und teilweise die Opernwelt regiert ist allerdings alles andere als positiv zu sehen.
Die Bescheidenheit hat die Dame nicht gerade geerbt. Warum sollte sie auch, wenn die Kunstszene sogar Dreck aus ihren Händen schlecken würde.
Schauen wir, wie lange sie als Sternchen durch die Welt flittert.
Ob sie dann in der Gage Gefahrenzulage bekommt ?
Das kann ich aus eigenem Erleben nur bestätigen!
Kaum zu glauben, sie kann sogar singen!
In diesem Fall hatte er zweifellos den härteren Job, weil das Publikum Villazon wollte
Sorry, LittleLilly, aber Deine Einschätzung kann ich absolut nicht teilen.
Netrebko wirkt äusserst natürlich. Im Team wird sie als Super-Kollegin in allen mir bekannten Häusern geschätzt. Sie zeigt viel Humor und Mitgefühl für ihre Mitdarsteller. Das ist mit der Divenhaftigkeit anderer Opernstars absolut nicht zu vergleichen.
Dass sie die Opernwelt teilweise regiert, höre ich das erste Mal. Tatsächlich regieren die Intendanten und Musikgeneräle, und über die Fortsetzung einer Inszenierung entscheidet wohl eher ein Herr Barenboim als Netrebko/Villazon.
Naja, hier schätzt man nicht sonderlich, dass sie ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, sich die österr. Staatsbürgerschaft erschleimt hat. Wohnsitze sind übrigens St. Petersburg und New York. Weiß jetzt gar nicht wo sie versteuert …
Die Netrebko und Villazón sind halt die Stars. Irgendwo habe ich gelesen, dass sie mit iher Duett CD sogar die Popband Tokio Hotel in den Charts verdrängt haben.
Zufällig war ich letztes Jahr in Salzburg, als es um ihre österreichische Staatsbürgerschaft ging und habe es in erster Reihe miterlebt. Wie Österreich die Netrebo umschleimte, möchte ich hier lieber nicht widergeben. Interessant, dass es vor Ort anders interpretiert wird.
Das würde ich nun mal als ein ausgesprochenes positives Marktsignal werten!
Auf die einfachsten Lösungen komme ich nicht… Täglich wird mir verdeutlicht, daß Bloggen büldit: wieder einmal habe ich Gelegenheit, Ihnen zu danken, sehr geehrter Herr…
Zufällig 😉 (Wie bist du denn zu den Karten gekommen, das tät mich interessieren …) Na von den Behörden schon. Selbst der Ioan Holender wollt sie nicht und dann als er bemerkte, welch Publikumsmagnet sie ist, schwanzelte er bei der Opernballeröffnung um sie herum und hat den letzten Frühling erlebt, dabei aber leider seinen Einsatz vergessen. 😉
In der Bevölkerung sieht man das kritisch, insbesondere wenn es Politiker gibt, die Menschen, die hier jahrelang lebten und vielleicht vergaßen ihre Aufenthaltsbewilligung für das Kind zu verlängern, ausgebürgert werden. Verstehst was ich mein?
Du weißt immer so viel »von den Behörden« beziehe ich die Karten sicher nicht für meinen jährlichen Salzburg-Ausflug (ich freue mich schon auf die Armida-Premiere am 28. Juli). Jede Vorstellung wird frei verkauft und ist damit öffentlich zugänglich.
no comment ….
Besorgst du mir eine Karte für’s Neujahrskonzert, die sind auch frei verkäuflich.
Du weißt auch viel!
Hier, bitteschön:
http://www.ticket-tour.de/proevent/wien_neujahrskonzert.htm
süß 😉
Ja, inzwischen kann sie wohl auch singen (ich hab sie mal in einer kleineren Mozartrolle gesehen, wo sie absolut „underwhelming“ war). Aber warum finden sie alle so wunderwunderschön? Ich kann es beim besten Willen nicht nachvollziehen, für mich sieht sie völlig uninteressant aus, richtig dümmlich gar (was sie sicher nicht ist). Da hat jedes deutsche Provinztheater ein, zwei Sängerinnen sowie fünf, sechs Schauspielerinnen, die mehr hermachen… Aber da gehen die vielen reichen Leute ja nicht hin, die jedem fernseh- und zeitschriftengehypten Rock hinterherspringen, solange die Tickets nur 200 Euro kosten…
Hallo Andreas, über Geschmack und Schönheit lässt sich gewiss trefflich streiten.
Netrebko und Villazon haben Charisma, vielleicht ist es das, was viele Menschen fasziniert. Bei vielen Sängern hast Du ächzende Tonnen vor Dir, die von Liebe und Leidenschaft tönen, aber absolut keinen Funken Emotionalität oder gar Leidenschaft transportieren.
Das ist bei den beiden, und ich habe sie mehrfach gesehen, anders. Da springen Funken ins Publikum über. Deshalb sind sie auch ihr Geld wert. »Manon«-Karten gab es übrigens im Freiverkauf ab 16 Euronen. ARTE hat die Aufführung gratis gesendet, und am 19. Mai um 19 Uhr überträgt die Staatsoper »Manon« mit dem Super-Duo live und umsonst auf den Berliner Bebelplatz.
Rupi
Nein, ich schreibe jetzt nicht, was mir spontan dazu eingefallen ist. Nein. Nein, ich tu es nicht. :))
aber lilly, kennst du nicht den spruch, den meine mutter über mich früher sagte?
bescheidenheit ist eine zier, doch weiter kommt man ohne ihr 😉
ich hab dann daraus mein motto gestrickt: wer angibt, hat mehr vom leben – wir sollten es frau netrebko einfach gönnen, oder?
ok!
Ich gönne es ihr auch, nur ich mag die Art nicht. That’s it. 😉
Ich hatte vor ca. einem Jahr Karten für die „Manon“ in Berlin gekauft. Leider glänzte Herr Villazón – genau wie letztes Jahr im April in der Oper „Der Liebestrank“ – durch Abwesenheit. Also zweimal teuer bezahlt und nichts gehabt. So gewinnt man keine Freunde, auch nicht, wenn man Villazón heißt. Für Wiederholungstäter habe ich nichts übrig, also: Nie wieder teure Karten für eine Aufführung mit Herrn Villazón kaufen.
Das ist wirklich enttäuschend, wenn so etwas geschieht. In diesem Jahr war V. bei »Manon« gleich an zwei Abend »indisponiert«. Am 19. Mai soll er aber angeblich anwesend sei, die Aufführung wird live auf den Bebelplatz übertragen.
Die Netrebko mag ich übrigens auch nicht so, ich finde sie wird schon überschätzt. Das ist nichts gegen die Frau selbst, mehr gegen die gängige Praxis, daß aus jedem heute über Nacht ein Superstar wird. Dir grossen Stars haben früher mehr und härter gearbeitet, und es war für viele ein langer, steiniger Weg bis sie den verdienten Weltruhm innehatten. Heute reicht geschickte PR. Das stört mich halt einfach, ganz generell
Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden…
Die Oper verändert sich erkennbar: rollten noch vor zehn Jahren Walküren wie Dampwalzen über die Bühne sind es heute mimisch begabte Sänger-Schauspieler, die eine größere Nähe zum Publikum erzeugen. Sehen die Mimen dann noch blendend aus, und im Fall Netrebko/Villazon behaupte ich das mal, dann schlägt die Begeisterung richtig hoch. Hinzu kommen dann eine entsprechende Medienwirkung, eine Prise Salz, zwei Löffel Kakao und fertig ist der Superstar.
Nicht nur die Stars haben sich verändert, ich finde auch so manche Inszenierung einfach grausam. Da werden Sachen in Werke hinein interpretiert die einfach an den Haaren herbeigezogen sind. Ich bin da vielleicht ein wenig altmodisch. Wenn ich mir z.B. den Figaro von Ponnelle auf DVD ansehe oder den Don Giovanni Film von Losey dann schlägt mein herz höher: großartige Stimmen, tolle Kulissen, stimmige Kostüme. Nichts lenkt ab, so soll es sein. Das ist halt mein Ideal.
Viele Regisseure – ich spreche hier von Oper, Theater und Film – machen doch durch ihre Unkonventionalität mehr von sich selbst reden als den Werken, die sie vergewaltigen. Die grossen Opern und klassischen Dramen wird man in 200 Jahren noch hören und sehen, an Namen wie Hans Neuenfels wird sich dann wohl keiner mehr erinnern.
Wir empfinden in der Frage der Inszenierung kongruent.
Die Ära Neuenfels ist zum Glück vorüber, und der Name sagt nur noch so ollen Säcken wie uns (Sorry, Sir) etwas.
Bin ja gespannt, was sich bei den Opern-Festspielen so bietet… vielleicht bekomme ich ja hier und da doch noch eine Karte
Du landest mit Volldampf auf die Tribüne der Co-Autoren des Opern-Blogs, wenn Du so weitermachst.
😉
Huch… wusste gar nicht, daß hier auch Co-Aut(h)oren schreiben. Ich will mich ja nicht brüsten, aber immerhin habe ich einen Bachelor of Arts in Musik, ein gutes Ohr sowie fast unfehlbar guten Geschmack.
Aber ich gehe dafür wohl zu selten in die Oper, hier in München sind mir die Karten zu überteuert. Wobei ich ja durch Beziehungen doch das eine oder andere Ticket ergattere… Darüber können wir uns ja noch unterhalten, geschmeichelt fühle ich mich auf jeden Fall!
Zu dem Thema der Oper von Puccini gibt es endlich eine neue Veröffentlichung: Die Manon Leseaut von Turdej. Der russische Schriftsteller Wsewolod Petrow hat die auf der Oper basierende Novelle vor Jahrzehnten geschrieben, doch wurde sie erst jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt.