»Die Kunst des Überlebens ist eine Kunst, die niemals endet.« – Diese Erkenntnis könnte als Quintessenz unter »American Hustle« stehen. Denn dieser ebenso unterhaltsame wie tiefgründige Film vermittelt neben einer gehörigen Portion schwarzem Humor reichlich Lebensphilosophie und –weisheit.
Irving Rosenfeld (Christian Bale) betreibt neben chemischen Reinigungen und einem Handel mit zweifelhaften Kunstwerken eine Illusionsfabrik, die suggeriert, in vollkommen hoffnungslosen Fällen Kredit vermitteln zu können. Er ist spezialisiert auf verzweifelte Zeitgenossen, die aufgrund von Spielleidenschaft oder anderen Schwächen finanziell am Boden liegen. Von ihnen lässt er sich mit einem erfolgsunabhängigen Festhonorar für seine angeblichen Bemühungen bezahlen, ohne einen Finger zu rühren.
Auf einer Party trifft er mit Sydney Prosser (Amy Adams) nicht nur eine leidenschaftliche Verehrerin der Musik Duke Ellingtons, er findet auch in Sachen Täuschen und Betrügen eine Seelenverwandte. Gemeinsam perfektioniert das Duo die dubiosen Kreditvermittlungen und entwickelt das Geschäft. Dabei gilt als Prinzip: Je überzeugter sie Nein sagen und sich verweigern, desto mehr wollen die Leute unbedingt das Geschäft machen.
Die Erfolgsstory des virtuosen Gaunerpaars wird allerdings jäh unterbrochen, als der FBI-Agent Richie DiMaso (Bradley Cooper) sie auffliegen lässt. Für das Versprechen von Straffreiheit zwingt er die beiden, hochgestellte Politiker ans Messer zu liefern. Der fanatische Aufklärer will unbedingt Bürgermeister, Gouverneure und Senatoren per Videomitschnitt der Korruption überführen und erfindet dazu die Figur eines Scheichs aus den Emiraten. Dieser will angeblich 100 Millionen investieren und benötigt dazu Baugenehmigungen und allerlei Extras.
Durch Irving gewinnt der FBI-Mann das Vertrauen des Bürgermeisters von Camden, Carmine Polito (Jeremy Renner), der das Trio in die entsprechenden Gesellschaftskreise einführt. Nun ist auch die Mafia nicht mehr weit, und Robert de Niro kommt als Victor Tellegio zu einem herrlichen Einsatz, als er den falschen Scheich plötzlich auf Arabisch anspricht und Totenstille herrscht …
Da aber alle Menschen – folgt man diesem Film –, immer nur das glauben, was sie glauben wollen, geht auch die Sache mit der sonst eher hypervorsichtigen Mafia gut aus. Und so dreht sich das Betrugs-Karussell immer schneller. Bald reist der FBI-Mann mit seinen beiden zwangsrekrutierten Gehilfen und einem fetten Geldkoffer von Termin zu Termin.
In dem nun folgenden Geschehen betrügen letztlich alle, um zu bekommen, was sie wollen. Auf die eine oder andere Weise täuschen sie sich sogar selbst, um erfolgreich zu sein. Das Betrüger-Pärchen Irving & Sydney kommt dabei noch am besten von allen weg, denn sie reagieren echt erschüttert auf die Tatsache, wie leicht sich Leute ausnehmen lassen. Außerdem gewinnt Irving im Verhältnis zum Bürgermeister erstmals einen echten Freund und kommt in einen Gewissenskonflikt.
Wie die Geschichte ausgeht, soll hier nicht verraten werden. Es lohnt sich aber, von Anfang an konzentriert dem Geschehen zu folgen, denn der Film wird nicht linear erzählt. Vielmehr wird mit zahlreichen Schnitten, Vor- und Rückblenden gearbeitet, die erst im Laufe der Story die Genialität der wirklich guten Betrüger offenbart.
Der Titel »American Hustle«, lässt sich vielleicht als »Der amerikanische Weg, Geld heranzuschaffen« übersetzen. Er handelt von Liebe, Freundschaft, Vertrauen und Betrug: also große Themen, die mit enormer schauspielerischen Leidenschaft transportiert werden. Amy Adams und Jennifer Lawrence als Irvings depressive Ehefrau Rosalyn agieren hocherotisch und zeigen anschaulichen, wie leicht sich Männer um den kleinen Finger wickeln lassen.
In Sachen Ausstattung und Kostüm ist der von Regisseur David O. Russell (»Silver Linings«, »The Fighter«) gedrehte 138-Minuten-Streifen eine Augenweide. Vor allem die von Kunden vergessenen Klamotten, die Irving Rosenfeld in einem Tresorraum seiner Reinigung lagert, sind hinreißender 70-er Jahre-Kult. Dazu passt eine erstklassige Musikauswahl, die an Vielseitigkeit dem optischen Geschehen und den häufig wechselnden Spielstätten entspricht. Absolutes Highlight ist Jennifer Lawrences Performance als einsame Hausfrau, die den Song »Live and let Die« der »Wings« mit gelben Handschuhen und Reinigungsgerät darbietet.
Wer »The Big Lebowski« gern gesehen hat, der ist mit »American Hustle« gut bedient.