Auch Rezensenten sind mitunter neugierig. So folge ich der persönlichen Einladung einer Schweizer »Medienstelle« und lasse mir ein Exemplar der Geschichte des ehemaligen Finanzjongleurs Josef Müller samt aufwändiger Hochglanz-Information zusenden.
Offen gestanden: Von diesem Josef Müller hatte ich zuvor weder gehört noch gelesen. Aber der Klappentext macht neugierig, in die Unterwelt der Betrogenen und Betrüger zu steigen. Außerdem kann ich Müllers zentrale Erkenntnis aus eigener unternehmerischer Erfahrung bestätigen: »Wenn ich mich auf etwas verlassen konnte, dann auf die Gier der Menschen«.
Josef Müller wurde 1955 in Fürstenfeldbruck bei München als Sohn eines Kriminalbeamten und einer OP-Schwester geboren. Mit 16 Jahren konnte er mit einer Sondergenehmigung den PKW-Führerschein erwerben und hatte kurz vor seinem 18. Geburtstag einen schweren Verkehrsunfall. Seitdem ist er auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen.
Als der querschnittsgelähmte junge Mann eines Tages einen knallroten Mercedes 300 SL Cabrio Gullwing sieht, aus dessen elegant nach oben geöffnetem Türflügel ein Falt-Rolli herausfliegt und ein körperbehinderter Mann aussteigt, schwört er sich, trotz seines Handicaps ein Vorstadt-Casanova zu werden. In seinem Buch beschreibt er nun, wie er zum erfolgreichen Anlage- und Steuerberater der Münchener Schickeria wurde, der schließlich als »11-Millionen-Euro-Betrüger« Eingang in die Schlagzeilen der Boulevardpresse fand. Denn das Interesse seiner Klientel, möglichst viel in die eigenen Taschen zu raffen, begünstigte seine Neigung, gnadenlos mit der Kundenkohle zu zocken, sie zu verprassen und dabei den Löwenanteil eiskalt für sich selbst zu kassieren.
Letztlich aber war der »ziemlich beste Schurke« nicht clever genug. Er ging, im Unterschied zu den zahllosen Schurken aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung, die uns auf der Nase herumtanzen, Polizei und Staatsanwaltschaft ins Netz. Und als sei er einem Lehrbuch für Resozialisation entstiegen, läuterten ihn fünfeinhalb Jährchen im Knast angeblich und ließen ihn das vorliegende Buch ersinnen.
Müller möchte dem Leser eine Saulus-Paulus-Verwandlung verkaufen. Danach hat er im Gefängnis eine »starke Umwertung meiner Werte« erfahren. Er will erkannt haben, »dass der Dienst am Geld eine zu anspruchsvolle Religion« sei und plädiert für »Liebe«, die mehr bedeute als Gerechtigkeit.
Auf 320 Seiten schildert das Buch, das offensichtlich von einem Profiautor begleitet wurde, warum Müller nach der Knast-Erfahrung sein Leben ändern wollte und was ihm weiterhin »für wundersame und aufregende Dinge widerfahren sind«. Der Text arbeitet mit ständigen Wiederholungen, so wird in nahezu jedem Kapitel Müllers Bio kurz zusammengefasst und gebetsmühlenartig wiederholt. So fällt dann auch nicht weiter auf, wenn der Autor in einem Kapitel auf drei Millionen Schulden sitzt, um im nächsten Kapitel wieder in Rolls-Royce und Bentley durch die bayerischen Lande zu kutschieren.
Josef Müller versucht mit dem Buch, sein Leben als bunten Märchenfilm zu vermarkten und dabei die Geschädigten, Geprellten und Betrogenen zu unfreiwilligen Komparsen seiner »geilen Story« zu machen. Dazu passen Fotos, die ihn mit Heiligenschein auf einer Kirchenbank zeigen, während er sich im Alltagsleben – vollkommen uneitel – gern im rosafarbigen Leinenanzug mit Einstecktuch und gelber Krawatte präsentiert.
Ob nun geprellte Ex-Kunden das Buch in die Hand nehmen und ob des Talents ihres einstigen Beraters schmunzeln? Vielleicht murmeln sie »Passt schon«, denn im Bazi-Land Bayern ist manches denkbar …
Ich kannte J.M.über viele Jahre persönlich, bevor er in den Knast kam. Als ich zufällig Anfang diesen Jahres auf seinen neuesten „Coup“ aufmerksam wurde, hat es mir fast den Magen umgedreht! Ich konnte nicht umhin, ihm ganz spontan eine Email zu schreiben. Seine pharisäerische Antwort hätte mich beinahe nochmal zu Kotzen gebracht!!! Ich werde dieses Buch mit Sicherheit NICHT lesen. Habe heute mal wieder gegoogelt und das nun fertige Machwerk entdeckt. „Um Himmels Willen“ kann ich da nur rausschreien! Er hat es also geschafft mit seinem „dreckigen Leben“ wohl einige Menschen zu beeindrucken. Nicht zu fassen!!!!!! Tja, für was der liebe Gott doch so alles herhalten muss.
Und der Clou: Auf der Seite ziemlich-bester-schurke.de hat er auf dem Bild
„Karten und Knarre – ohne Worte“ doch glatt einen Auszug aus meiner Email veröffentlicht, wohl um zu verdeutlichen, was für ein böser, boser Junge er doch „war“ (????). Der weiß wirklich aus seinem Dreck Kapital zu schlagen. Hat ja auch nie etwas anderes gemacht!
Danke, lieber Herr Frieling, für Ihren Kommentar! Ich denke mal, wenn Sie J.M. kennen würden, wäre dieser wohl noch etwas schärfer ausgefallen. Gerne überlasse ich Ihnen meine komplette Email an J.M und vor allem seine Antwort.
Ich grüße Sie sehr freundlich,
Gudrun Farrenberg